Die Aufgabe der unendlichen Auswahl
- Hardy
- 17. Dez. 2020
- 4 Min. Lesezeit
Wenn es darum geht, den richtigen Untersatz zu finden, sind die Optionen riesig und die Anbieter zahlreich. Wo soll man da nur anfangen?
Ist es einem wichtig, welche Automarke, welcher Ausrüster, welche Anbauten oder welchen Kilometerstand das Auto hat? Kauft man einen Camper neu, kann man die Konfiguration selbst durchführen und ist bei unseren Anforderungen schnell bei über 50.000 €.
Das war uns als Startoption auch bei den aktuell sehr hohen Startpreisen zu hoch, daher musste also ein gebrauchter Camper her. Der Gebrauchtmarkt bei Ebay-Kleinanzeigen, Autoscout 24 usw. ist voll von Campern in jeder Preisklasse und die Such- und Lesezeit schnell verflogen. Stunden, Tage, Wochen vergehen und wieder kommen neue Camper infrage, bereits ausgewählte Camper werden von der Merkliste gestrichen und weiter ist man trotzdem nicht . . .
Also mussten Livebesichtigungen und Probefahrten her, um ein besseres Gefühl zu bekommen. Schnell merkten wir, dass die angesehenen Camper oft verwohnt, hinten und vorne nicht wirklich zufriedenstellend waren. Wenn wir ein Jahr unterwegs sind, soll es nicht daran kranken, dass wir uns über sowas ärgern.
Als erstes Kriterium war für uns die Länge entscheidend, je länger, desto wohnenswerter, aber Fähren bemessen bis und ab 6000 mm Länge. Schon wurde die Auswahl geringer.
Das nächste Kriterium ist die Form des Campers, Vollintegrierter, Teilintegrierter, Alkoven, Kastenwagen oder Aufsatz für einen Pickup. Jede Form hat ihre Vorteile, Voll- und Teilintegrierte haben wahrscheinlich den höchsten Wohnkomfort und die größte Liegelänge des Querbetts. Bei Alkoven ist es ähnlich. Pickup-Aufsätze gewähren eine tolle Nachnutzung des Fahrzeuges. Aber unser Gedanke war fast immer bei einem Kastenwagen, dieser wirkt modern, ermöglicht wahrscheinlich das unauffälligste freie bzw. autarke Stehen und hat die besten Fahreigenschaften. Die Auswahl war nun weiter eingeschränkt.
Jetzt geht es um den Hersteller ... VW Crafter, Ford Transit, Mercedes Sprinter, Fiat Ducato, Peugeot Boxer, Hyundai oder Citroen Jumper? Vergleicht man die Außen- und Innenraummaße wird offensichtlich, dass sowohl VW Crafter, Mercedes Sprinter, Ford Transit und Hyundai eine relativ lange Motorhaube haben und somit Wohnraum verloren geht. Des Weiteren werden die "Kästen" dieser Anbieter nach oben immer schmaler und somit die Liegelänge des Querbetts immer kleiner, wenn man eine große Heckgarage für Sportequipment benötigt. Citroen Jumper, Peugeot Boxer und Fiat Ducato bauen auf der gleichen Plattform, und unterscheiden sich eigentlich nur durch Details an der Front und den Antrieb. Und mit eingetragenen 5999 mm passt die Länge perfekt. Des Weiteren ist dieser Transporter ein "Massenprodukt" und damit für viele Werkstätten reparabel.
Die Frage der Dämmung stellt sich bei einem Gebrauchten fast nicht, denn diese zu erneuern würde eine zeitaufwendige Aufgabe darstellen. Prinzipiell ist mehr Dämmung immer gut, verkleinert aber den Wohnraum und erhöht das Gesamtgewicht. 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht für den Führerschein B sind schnell erreicht und für die Lightgestelle sind gar nur 3,3 t zulässig. In vielen Ländern ist man mit einer Masse von über 3,5 t auch gezwungen, die mautbasierten Autobahnen zu nutzen und kostenfreien Landstraßen entfallen, für einen "Roadtrip" deutlich uninteressanter. Mehr Dämmung bedeutet aber auch die Möglichkeit des Wintercampings, ohne die Standheizung ständig laufen zu lassen.
Die Standheizung ist der nächste interessante Punkt, viele laufen auf der Basis von Gas, weil ein vom TÜV abgenommenes "Wohnmobil" eine feste Kochstelle benötigt, die i.d.R. mit Gas betrieben wird, dies auch anbietet. Allerdings muss vorher eine zu bereisende Länderliste ungefähr klar sein. Gas gibt es sicher überall, aber passen die Gasanschlüsse immer oder welche Adapter werden benötigt? Im Winter ohne Heizung zu stehen, erscheint ungünstig. Das Heizen über Strom wirkt mit einer Solaranlage auf dem Dach lukrativ und umweltfreundlich, nur wann wird eigentlich geheizt? Da im Winter die Sonne nicht unbedingt viel scheinen muss, kann es auch hier Probleme geben. So stand von vornherein die Suche nach einer Dieselheizung zur Debatte, denn Diesel gibt es in jedem Land und ein Zusatztank ist auch schnell befüllt. Allerdings durften wir dabei nicht an unseren Umweltsinn denken.
Für uns gehört zur Freiheit vor allem, frei stehen zu können und autark zu sein, daher kommt man nicht um eine Solaranlage herum. Fast alle gängigen Anbieter haben tolle Modelle, aber eine Solaranlage sucht man meist vergebens. Selbstausgebaute Camper haben fast alle eine Solaranlage, aber nur ein Portaporti. Da wir ja ein ganzes Jahr unterwegs sein wollen und bei unseren bisherigen Roadtrips gemerkt haben, dass aller Woche ein richtiges Bad mal schön wäre, sollte der Camper auch ein kleines Bad haben.
Nun kommt hinzu, dass das Aufzeigen von Haben immer Begehrlichkeiten weckt und alle Camper der üblichen Hersteller auffällig beklebt sind und man ihnen das Camper-Sein schon kilometerweit gegen den Wind ansieht. Also kommt ein gängiger Anbieter eigentlich nicht mehr infrage. Ein "schnöder" weißer Transporter, am besten einfach unauffällig sollte nun her.
Zur Verbesserung der Wohnraumnutzung braucht ein Camper einfach Drehsitze, DIY-Transporter haben diese oft nicht, da die Grundlagen meist mit Trennwenden zwischen Fahrerkabine und "Kasten" angekauft werden.
Die Ansprüche oder Anforderungen begrenzten die Suche also erheblich und der Gedanke einen Transporter einfach selbst auszubauen kam immer näher. Doch wie soll das bei nur 4 Monaten Umbauzeit und voller Berufstätigkeit und zwei Wohnsitzen mit 740 km Abstand funktionieren?
Letztendlich fanden wir nach fast endloser Suche aus einem schier unerschöpflichen Angebot fast die eierlegende Wollmilchsau. Einen Citroen Jumper, Baujahr 2013, 5999 mm lang, 90 l Treibstofftank, 85 l Frischwassertank, Solaranlage, Dieselheizung, Querbett, mit Drehsitzen, einer großen Küche, viel Stauraum und Drehsitzen. Das beste daran, er ist vollkommen neu ausgebaut, also unbewohnt und unverbraucht und nur 91 300 km gelaufen. Fast bedeutet für uns, dass wir mit einer zulässigen Gesamtmasse von 3.300 kg klarkommen müssen und bei vielen Sachen auf das Gewicht achten müssen.
Der Markt ist in allen Preisklassen wirklich riesig, doch man sollte wirklich genau wissen, was man haben möchte, viel viel suchen, mit Enttäuschungen und bei der derzeitigen Reisetätigkeit mit vielen überhöhten Preis rechnen.
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