24 hours in Transnitrien – Tiraspol (TRA-1)
- Hardy
- 13. Juli 2021
- 4 Min. Lesezeit
11.-12.07.2021 – Und plötzlich war da eine Grenze, von der wir zwar wussten, dass es sie gibt, die aber weder im Atlas noch Routenplaner eingezeichnet ist. Die Grenze zu Transnistrien, sicher auch ein Land, von dessen Existenz ihr genau so wenig wusstet wie wir vor unserer Reise. Über das Grenzprozedere hatten wir viele Probleme gehört, wir waren gut vorbereitet, wie immer eben 😊
Kurz vorher hatte es wie aus Gießkannen begonnen zu regnen, der Scheibenwischer lief in der Stufe Vollgas und die Lüftung verhinderte in der höchsten Stufe, dass die Scheibe anlief. Alle moldawischen Grenzbeamten versteckten sich unter Verschlägen. Pflichtbewusst hielten wir am STOP-Schild, Gestiken wurden ausgetauscht, sie winkten uns einfach durch. An der transnistrischen Grenze sah es anders aus. Eine Hand kam aus einem verspiegelten Häuschen bzw. kleiner Luke heraus. Er wollte nur den Passport und die Fahrzeugpapiere, für die Vaccinepapiere interessierte er sich gar nicht. Unsere 5 Brocken Russisch und seine unverständlichen Worte ließen eine anderen BorderGuard kommen. Er sprach Deutsch … Wir hatten einen kurzen netten Plausch, schnelles Hineinschauen in die Garage, dabei beließ er es, dafür halfen wir ihm noch bei der Aussprache mancher deutscher Begriffe … eine Hand wäscht eben die andere. Auch für Transnistrien ist eine Vignette notwendig. Wir hatten nicht vor, hier viel Zeit zu verbringen und nahmen nur die 7-Tages-Vignette für 67 Lei (3,30€). Beim Ausstellen der Vignette erschöpfte der Grenzer fast vor Langsamkeit seines Computers, ein Zettel in die Windschutzscheibe wäre wohl einfacher gewesen.
Wer oder was ist eigentlich Transnitrien? Es ist ein Land, welches territorial zu Moldawien gehört. Moldawien strebt aber ganz klar die Nähe zur EU an. Transnistrien hingegen hält absolut an den Werten der Sowjetunion fest und ist wohl das „5. Rad am Wagen Russlands“. So sprechen die Transnisten nicht moldawisch, sondern Russisch, bezahlen nicht in moldawischen Lei, sondern in Rubel, nicht in russischen, sondern transnistrischen Rubel. „Nicht einmal die Bermudas erkennen Transnistrien als Land an und die erkennen eigentlich alles an“ 😊. Dieses Zitat stammt übrigens nicht von uns.
So waren wir also in einem Land, welches alles dafür tat, ein Land zu sein, doch keines sein darf, ebenso wenig, wie wir einen Einreisestempel bekamen. Na dann mal los, passen wir mal schön auf, dass sie uns nicht gleich verhaften oder gar erschießen. In Bender schauten wir uns ein Kriegsdenkmal an, die Geehrten oder besser gesagt Verehrten waren schon 200 Jahre tot. Weiter ging es zum Highlight der Stadt, einer Burg mit dauerhaft offenem Burggarten, der wirklich schön war. Ohne passende Währung blieb uns der Eintritt in die Burg versagt, wir versuchten es aber auch erst gar nicht. Die Drohne blieb wegen des angrenzenden Armeegeländes am Boden. Nicht dass sie Opfer von Tontaubenschießübungen wird. Die alten Bunkeranlagen in Sowjetrot gehalten waren extra freigelegt, zwei Eisenbahnbrücken darüber in den Farben Russlands und Transnistriens (rot-grün-rot, freut jeden Magdeburger 😊). Die große Enttäuschung erlebten wir dann bei der Anfahrt des Stellplatzes, von Sarah mal wieder idyllisch am Strand gefunden, war kurz davor ein Tor mit Durchfahrtsbeschränkung 1,8 m. Das war wohl nichts mit mal wieder am Strand stehen, das vermissen wir schon.
So ging es für uns in die Hauptstadt Transnistriens - Tiraspol. Hatten wir an der Grenze, Tiraspol als Aufenthaltsort angegeben, sollte es nun stimmen. Übrigens hatten wir ein Visum für 48 h erhalten. Neben etwas besseren Straßen begrüßte uns ein riesiges Lenin Denkmal vorm Parlamentsgebäude. Unseren Stellplatz fanden wir etwa 100 m vom Wasserzugang entfernt, der Bus war ziemlich weit geöffnet, um etwas kühlere Luft in den warmen Raum zu bekommen. Das zog neben vielen Blicken, einigen Winkern (wer derzeit seinen Blick von uns nicht lösen kann, wird angewunken) auch so manch Lächeln an. Zwei Kinder waren so neugierig, dass sie ihren Vater vorschickten. Er sprach kein Englisch, stellte sich irgendwie mit Händen und Füßen vor. Seine Mädels zeigten dann die Brille mit ihren Händen vor den Augen. Sie wollten einfach mal hineinschauen, klar, wenn jemand kommt und fragt, soll das doch kein Problem sein, doch wir schauen uns die Leute genau an. Nicht nur Land, sondern auch Leute kennenlernen, so war unser Credo.
Ein Partyschiff in der Nähe fuhr noch bis in die Nacht, doch dann war es ruhig. Bis, ja bis wir es knarxen hörten. Am Vortag holten Jugendliche mit ähnlichem Geräusch Holz aus dem Baum. Doch dieses Mal fiel der Baum hinter uns brechend einfach um. Die ruhige Nacht nur unterbrochen von Frühsportlern ließ uns gleich sporteln. Ich ging mit einem Ruderklub gemeinsam aufs Wasser der Nistre, wenig später gesellten sich die Rennkanuten mit großen Augen für das SUP dazu. Sarah zog mit dickem Bein vom Wespenstich den Landsport vor. Beide krönten wir das Ganze mit einer Badeeinheit, kräftig gegen den Strom schwimmend und einer kühlen Stranddusche.
Mal wieder ein Hauptstadtbesuch, der sich schnell zusammenfassen lässt. Die Highlights sind Kriegsmonumente, russische und transnistrische Militärgelände, eine Paradestraße, auf der einmal im Jahr im sowjetischen Stil alles Waffen, Panzer usw. dem Volk vorgeführt werden. Eine Prachtallee 😊, es gibt noch 2 sehenswerte Kirchen und den Ekaterinenpark zu Ehren Katherina II (übrigens aus Zerbst). In diesem Park fühlten wir uns richtig wohl. Ganz so crazy wie unsere Infos waren, ist das Land nicht, viele normale Menschen, auch wenn sie ein eigenes Autokennzeichen haben. Wechselten wir unsere letzten moldawischen Lei noch in Rubel, so war auch dieses Geld sinnvoll in nette Lebensmittel investiert.
Bei 33 Grad gut durchgeschwitzt gab es noch ein ausgiebiges Bad im Fluss, morgens wurde der Acker noch extra von einem Traktor umgepflügt, ganz zum Erboßen der Anwohner und eine schöne kalte Dusche. Nun waren wir bereit für 120 km in ein nächstes Land. Unsere Visazeit von 48 h überschritten wir nicht, so ließ man uns aus Transnistrien mit einigen Blicken in den Polwan und die Pässe laufen. Die Visa waren wie auf Kassenzettel gedruckt 😊.
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