Ausgeraubt, ein Ende mit Schrecken – Athen
- Hardy
- 12. Mai 2021
- 5 Min. Lesezeit
03.05.2021 – Heute geht´s in die Hauptstadt, ist Griechenland nicht unbedingt zum Städtetourismus geeignet, spiegelt Athen vielleicht eine ganz andere Welt wider. Wir waren gespannt und freuten uns mal wieder auf einen richtigen Städtetrip, der letzte lag mit Neapel schon etwas in der Vergangenheit.
Von unserem Stellplatz ging es entlang der Eisenbahnstrecke und am Meer in Richtung Athen. Hier sahen wir das erste Mal in Griechenland ein modernes Schienennetz und rollenden Bahnverkehr. Die Regierung Griechenlands ist bekanntermaßen ziemlich klamm bei Kasse, deswegen gibt es auf ganz Peleponnes keinen einzigen rollenden Zug. Alte Schienen und stehende Züge zeugen von einer besseren Zeit. Auch die Busversorgung ist relativ lückenhaft, so dass ein Auto auf der Halbinsel zwingend notwendig ist. Peleponnes wirkt dadurch vom Rest Griechenlands etwas abgeschnitten.
Der Weg nach Athen führt durch weitläufiges Industriegebiet und Raffinerien, also Fuß auf´s Gaspedal, denn gesund riecht es nicht. Auch hier liegt ein auf die Seite gekipptes Fährenwrack am Ufer. Nun kamen wir das erste Mal dazu, auf einem mautfreien Abschnitt einer griechischen Autobahn zu fahren. Geschwindigkeiten jenseits der 70 km/h waren uns auf Peleponnes fremd 😊.
In Athen parkten wir nicht fern der Akropolis in einer Durchfahrtsstraße mit einigem Verkehr und gegenüber eines Wohnblocks. So fuhr ein schwarzer Citröen Saxo an uns vorbei, wir schüttelten nur den Kopf, da er viel zu schnell unterwegs war. Etwa 5 Sekunden später, er war schon außer Sichtweite, gab es einen Schlag. Ich sagte noch: „Jetzt hat er einen Unfall gebaut.“ Wir schnappten uns, wie in jeder Großstadt die Räder und fuhren los. Unsere Route führte in die Richtung des Schlages, wir sahen den Saxo, der zwischen umgerissenen Bäumen geschleudert stand, 10 Meter dahinter lag eine regungslose und blutüberströmte Frau. Es hatte sich bereits ein Tumult um die Unfallstelle gebildet. In Gedanken stellten wir uns vor, wie schnell es enden kann, nur weil sich Idioten nicht unter Kontrolle haben, den Schaden haben meist andere, wenn sie nicht sogar direkt aus dem Leben gerissen werden. Da genug Personen anwesend waren, fuhren wir weiter, von Gafferei halten wir nichts. Aber das erste Erlebnis in der Hauptstadt war kein gutes, es sollte nicht das letzte schlechte bleiben.
Da es morgens mit 23 Grad noch verhältnismäßig kühl war, machten wir uns auf den Weg zum etwa 13 km stadtauswärts liegendem Olympiagelände von 2004. Auf dem Weg dorthin kamen wir zufällig am ersten Olympiastadion der Neuzeit von 1896 vorbei, welches in einem sehr guten Zustand ist und eine gute Tartanbahn in Schwarz und mittlerweile 3 Säulen mit den eingravierten Olympiastädten hat. Die Olympischen Spiele finden immer im Abstand einer Olympiade (4 Jahre) statt, Ausnahmen bildeten nur der zweite Weltkrieg und die Coronapandemie. Sollte alles funktionieren, finden die Olympischen Spiele dieses Jahr, um ein Jahr verspätet in Tokio statt.
Der Weg zog sich und wir merkten, dass Athen keine Radfahrerstadt ist, entlang der Schnellstraße, vorbei an etlichen Botschaften kamen wir dann am olympischen Park an. Das riesige weiße Stadion war schon von Weitem sehr gut zu erkennen. Nicht sicher, ob das Gelände wirklich offen war, winkte uns der Wachmann hinein. Aus seiner Kabine schallte laute Rockmusik. Das Gelände und alle Bauten sind komplett in Weiß gehalten - die Götterfarbe. Man kann sich richtig vorstellen, wie das Gelände mit den blau-weißen Griechenland-, Olympia- und Nationenfahnen geschmückt war. Fast alle Anlagen befinden sich auf dem Gelände, Schwimmhalle, Olympiastadion mit Olympiafeuer, Velodrom, Tenniscourts, Basketballhalle etc. Leider wirkt die Anlage, so wie viele solcher Anlagen etwas verlassen und wird von der Bevölkerung eher zum Sporttreiben genutzt. Beachtlich ist, dass viele Bereiche mit Bruchfliesen gefliest wurden, was für eine Arbeit.
Entlang der traditionellen Strecke des Athenmarathons mit riesiger Läuferstatue aus unzähligen Glasscheiben fuhren wir wieder in die Stadt und besichtigten einige bedeutende Gebäude, die in Form von Tempeln gebaut wurden. Man muss aber sagen, dass es keine großen und pompösen historische Gebäude gibt, alles ist eher flach gehalten. Man hat in Athen die Möglichkeit, mit einem Kombiticket um 30 Euro sieben verschiedene Anlagen/Tempel zu besuchen. Der Besuch der Akropolis kostet den Besucher sonst allein schon 20 Euro. Innerstädtisch sind alle Sehenswürdigkeiten fußläufig zu erreichen, es gibt auch eine Metro.
Die Akropolis thront hoch über der Stadt auf einem Festungshügel und ist für den Athenbesucher oft sichtbar. Um die Akropolis herum gibt es viele traditionelle Stadtviertel, die nicht an eine Großstadt erinnern, sondern eher einen Kleinstadt- oder Dorfcharme versprühen. Viele kleine und verkehrsberuhigte Gassen laden mit ihren kleinen Szenegeschäften und Cafés zum Bummeln ein.
Im historischen Stadtviertel Plaka steht das älteste Haus Athens und viele geschmackvolle Grafittis verkörpern hier Leben. Sind Geschäfte nicht geöffnet, so sieht man die meist künstlerisch verzierten Jalousien. Es gibt an jeder Ecke etwas für´s Auge. Da wir an Ostermontag in Athen waren, war natürlich einiges geschlossen, dadurch die Straßen aber auch nicht so voll.
Ein Platz zum Verweilen bietet sich auch an einem Monestier an, von hieraus kann man auch die Akropolis anschauen. Allgemein sieht man sehr viel von den Sehenswürdigkeiten auch ohne Ticket.
Athen ist eine schöne Stadt, könnte aber etwas mehr Farbe gebrauchen. So strahlt das ockerfarbene Parlamentsgebäude nicht gerade vor Energie, was die in traditionell gekleideten Wächter wettmachen. An Sonn- und Feiertagen kann man einen Wachwechsel beobachten. Direkt neben dem Parlament gibt es einen niedlich angelegten und kostenfreien Tierpark. Athen ist insgesamt sehr grün, doch grüne Lungen gibt es nicht so viele.
Damit war Athen besichtigt und es ging zurück zum Polwan, schnell die Räder aufladen und dann noch auf einen Hügel, um den besten Blick der Stadt zur Akropolis zu genießen. Am Polwan angekommen, fragte ich mich, warum die Beifahrertür nur angelehnt war. Ein genauer Blick verriet warum. Die vordere Seitenscheibe war eingeschlagen, durch die die Schiebetür geöffnet wurde. Beim Öffnen dieser zeigte sich das gesamte Ausmaß. Der ganze Wohnraum war verkramt, alles war aus den Schränken gezerrt und lag wild umher. Was tun, denn Reisen ist in Griechenland noch immer verboten. Es half nichts, ich sprach einen unweit stehenden Taxifahrer an, ob er die Polizei rufen könnte. Er kam gleich mit und war erschüttert, tippte die Nummer in sein Handy und übergab es uns. Da die Straße keine Hausnummer hatte, konnten wir nur die Parallelstraße angeben. Dort wartete ich auf die Polizei, die wenig später kam. Parallelstraße hört sich einfach an, war fußläufig über Treppen auch leicht zu erreichen, aber das erkläre man mal den Polizisten. Googlemaps half und so nahmen sie mich gleich mit, auf der Rückbank. Komfort sieht anders aus, zum Sitzen gab es eine kaputte Plasteschale, vor mir eine Plexiglasscheibe und an der Tür fehlten jegliche Griffe. So fühlen sich also Verbrecher. Die Beamten waren total freundlich und nahmen alles auf und vermittelten uns an ein Polizeirevier. Wenig später kam erneut der Taxifahrer und hielt 20 € in der Hand, ich verneinte, doch er zeigte, dass es von Herzen kommt. Vielen Dank dafür, was für eine Geste, was für ein Lichtblick.
Am Revier angekommen, welches in sehr schmalen und zugeparkten Gassen lag, vermittelte uns der Wächter: „No parking and no English.“ Ok, Parkplatzsuche mit 6,50m bei den ganzen Kleinwagen … Etwas später beim Kommissar angekommen, sagte er uns auch nur: „No English“ und schrieb uns unleserlich eine Adresse auf. Da legte ich ihm nur mein Handy hin, er möge es bitte per Maps eintragen.
Was macht man eigentlich mit einer eingeschlagenen Scheibe, wenn man den Camper stehenlassen will … Panzertape schafft Abhilfe. Im nächsten Revier, einer Touristenpolizei gab man uns ein Formular zum Ausfüllen und fragte uns in einem anmaßenden Ton, ob wir überhaupt verstehen würden, wie man das Formular in English ausfüllt. Besonders wichtig waren die Namen der Eltern … ein Quatsch. Wir verschafften uns vorher einen Überblick über alles, was fehlte … es war niederschmetternd.
Das Polizeiprotokoll gab es nur in griechischer Sprache … sehr gut. Danach machten wir uns ans Aufräumen, der Schadenbegutachtung und überlegten, wie es weitergehen sollte. Führt uns dieses Erlebnis sogar zum Abbruch der Tour? Eigentlich sollte es gen Nordwesten weiter gehen, wir fuhren nach Südosten, um am Folgetag vielleicht unsere Scheibe in Athen reparieren lassen zu können.
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