Der erste 5000er – Ushguli (GEO-9)
- Life 4 Adventures
- 27. Juli 2021
- 4 Min. Lesezeit
25.07.2021 – Bei gutem Wetter entschieden wir uns für ein Outdoorfrühstück und schon war unser hiesiger Haus- & Hofhund wieder da. Doch der ansonsten weiße Kerl hatte eine blutige Wunde am Hals und suchte Mitleid. Viel Zeit hatten wir heute Morgen nicht, denn mal wieder hatten wir einen Termin.
Um 9:30 mussten wir an der Busstation sein, denn im Gegensatz zu den normalen Tagen ließen wir uns heute mal fahren, den Berg hinauf. Geplant war das Ganze eigentlich mit den Mountainbikes, 44 km eine Strecke und etwa 1300 hm. Die Wetterberichte wurden sich nicht einig und die Empfehlung der Locals riet vom MTB ab. Hier ist es generell so, abgefahren wird, wenn der Bus voll ist. Neben uns hatte sich eine in der Schweiz studierende Deutsche gefunden. Über die Busfahrermafia und viele Telefonate fanden sich noch 4 weitere Mitfahrer. So ging es 10 nach 10 los. Mit Empfehlung saß ich neben dem Fahrer, was sich als gut herausstellen sollte und Sarah am Fenster.
Entsprechend rasant, wie wir die georgischen Fahrer kennenlernten, ging es auf einen Pass hinauf, an einer kleinen Kapelle nahm er seine Mütze ab und bekreuzigte sich dreimal. War das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen? Der erste Stopp fand am Tower of Love statt. Eigentlich wollte niemand anhalten, da alle schon einen Svantower gesehen hatten, nur die Russen antworteten mit „Da“. Kurz zur Story, entsprechend des Kinofilms „Dede“ war auch hier ein Madel zur Hochzeit versprochen, doch sie liebte ihren Zukünftigen nicht. In dem etwas vom Dorf abgelegenen Tower traf sie sich mit ihrem Geliebten, so kam der Tower zu seinem Namen.
An einer Toilette, Café und Steinverkauf nutzte ich meine Position neben dem Fahrer und erklärte, dass wir alle gerne viel Zeit oben hätten. Bis zu den Russen drang die Pausenfrage zum Glück nie durch. Die Straße ist zur Hälfte sehr gut befahrbar, danach ist es eine Stein-Schotter-Straße aus vorwiegend Schiefer. Seit 9 Jahren wird am zweiten Teil gearbeitet, doch regelmäßiger Geldmangel führt stets zum Baustopp. Für uns eröffnete sich so eine spannende Fahrt mit etlichen Wasserdurchfahrten, rutschendem Auto, durchdrehenden Reifen und dies immer relativ knapp am Abhang zum Fluss Enguri. Die Fahrt mit dem Rad wäre durchaus möglich gewesen, doch so war es auch gut.
Im Zielort Ushguli angekommen, begrüßte uns dieser mit einem Platzregen. Unterkunft fanden wir in einem kleinen Restaurant, unsere Bestellung wurde ewig nicht angenommen und als wir dann doch bestellen konnten, gab es diese nicht. „Then we take nothing. Thank you.“ Nach 20 min hatte sich der Regen sowieso fast verflüchtigt. So hieß es ab nach Ushguli, wir durchliefen einen geschichtsträchtigen Filmort, in dem die Zeit seit 200 Jahren förmlich stehen geblieben schien. Gassen voller Schlamm, Kuhmist und einzelner Steine, Svantower mit Anbauten und der bekannte Blacktower, in dem Königin Tamara ihre Winterresidenz bezog. Alles ganz sehenswert, doch wir fanden, traditionell kann man auch anders verkaufen. Dieser Ort lebt nur von den „herangekarrten“ Touristen, da sollte es doch möglich sein, dass die Kühe aus den graslosen Gassen ferngehalten werden. So kann man sagen: Läufst du zu schnell oder wild, passt die Scheiße am Bein gut ins Bild …
Uns zog es jedoch aus einem ganz anderen Grund nach Ushguli. Mit Glück kann man nach einer etwa 9,5 km Wanderung in eine Richtung vor einem Gletscher mit vielen Gletscherzungen stehen, der sich an einem Bergmassiv von 5000 m Höhe entlang zieht und die Grenze zu Russland bildet. Leider wollten unsere russischen Taxiinsassen bereits 15 Uhr zurückfahren. Wir konnten sie auf 16 Uhr umstimmen, denn ansonsten wäre fast keine Zeit gewesen, Ushguli und die Umgebung zu erkunden. So kam es, dass wir fast bis zur Gletscherzunge gelangten. Mit etwas Glück konnten wir sogar einige Berggipfel ohne Wolken sehen und das Massiv überwältigte uns. Steht man davor, fühlt man sich so klein und man merkt wie mächtig die Natur sein kann. Den Rückweg nutzten wir für einige Drohnenaufnahmen, besuchten noch die hiesige Kirche und kamen auf die Minute um 16 Uhr am Minibus an. Wir waren die letzten, aber auf keinen Fall zu spät. Der Fahrer begutachtet es mit, die Deutschen sind eben immer pünktlich. 😊 Wir traten die Rückfahrt an, dachten wir noch am Morgen, wir wären die letzten, gab unser Fahrer wieder alles. Wir denken, in den Fahrern der Busfahrermafia stecken heimliche Rennfahrer, die mit Fahrt eine neue Bestzeit erreichen wollen. Gehalten wurde nur für mich, wenn ich ein Foto schießen wollte oder die Straße durch einen festgefahrenen Priusfahrer „Everytime the Prius“ 😊 oder einen Bagger verstopft war. Wir schafften die Fahrt in unglaublichen 80 Minuten.
Den Abend ließen wir mit Michael in einem kleinen Restaurant ausklingen. Der georgische Wein ist sehr gut und auch die Küche kann man nur empfehlen. Wir sind immer wieder erstaunt, wie man sich an andere Menschen gewöhnen kann und eine tolle Zeit verbringt. Michael werden wir mit Sicherheit vermissen. Wir wünschen ihm eine super Weiterfahrt und man sieht sich sowieso meist noch einmal wieder.
Zurück am Stellplatz stellten wir dann auch noch fest, dass wir einen Schweizer Nachbarn bekommen haben. Da ergibt sich doch sicherlich ein Gespräch morgen früh. Denn mit Campern findet man immer schnell Gesprächsthemen.
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