Die verbotene Zone – Salamis (TRNC-3)
- Hardy
- 5. Nov. 2021
- 5 Min. Lesezeit
01.11.2021 – Pünktlich gestern ausgereist und auch einen guten Stellplatz gefunden, begannen wir den Tag mit ein paar Regentropfen und ziemlich grauem Himmel nach einem gestrigen Gewitter. Der Strandspaziergang entpuppte sich als ernüchternd, viel Müll an der Promenade, ein Müllbeauftragter hob den Müll vom Parkplatz nicht auf, kickte ihn nur auf den Grünstreifen und eine Hundebande von 6 Exemplaren. Der Unterschied zwischen Nord- und der Republik Zypern ist unumgänglich.
Die Radtour zurück in die Stadt ersparten wir uns aufgrund des Sturms dann auch. Da quälen wir uns lieber durch den Frühverkehr. In den alten Stadtmauern machten wir vorm Otello-Castle, welches nach Shakespears Otello benannt wurde, halt. Die Stadtgeschichte von Famagusta ist wirklich interessant, doch heute früh hatten noch alle Spots zu. „Venedig beherrschte die Insel von 1489-1571“, noch heute zeugt der geflügelte Löwe, das Wahrzeichen Venedigs von dieser Zeit mehrfach als Statue. „Als die Bedrohung durch das osmanische Reich immer größer wurde, modernisierte man in Famagusta die Verteidigungsanlagen, was aber letztlich seinen Zweck verfehlte. Noch heute kann man die gewaltige Mauer von Famagusta bewundern. Ihre Nachfolger waren die Osmanen, die 1571 die Insel erobert haben. Sie regierten bis 1878 und haben dann die Insel an Großbritannien verpachtet. Während der britischen Administration wurde Famagustas Hafen für den Im- & Export ausgebaut.“
So gingen wir zur „Verbotenen Zone“ oder dem „Grauen Bereich“, dem alten Famagusta. Diese schon gestern kurz beschriebene Zone wird von der UN überwacht. Der gesamte Bereich ist eine neutrale Zone und darf weder durch die Nord- bzw. Südzyprioten genutzt werden. Als dieser Bereich als neutrale Zone erklärt wurde, fiel sprichwörtlich der Hammer. Noch heute kann man viele Häuser im Bau sehen, die darauf warten, die Verschalung zu verlieren, verputzt oder ausgebaut zu werden. Viele Geschäfte der 70er zeugen von der Blütezeit und der Bedeutung als damaliger Urlaubsort. Am Strand erzählen die vielen Bettenburgen ihre eigenen Geschichten. Es ist wirklich ein Jammer, dass dieser Bereich nicht mehr genutzt wird, doch ein absolut interessanter Zeitzeuge. Alle Häuser, Straßen, Laternen und Briefkästen sind stumme Zeitzeugen von damals. Doch wie kamen wir eigentlich in die verbotene Zone? Es gibt einen militärisch und polizeilich überwachten Eingang am Meer, der Besuch ist täglich erlaubt, allerdings nur in speziell markierten Bereichen. Es gibt sogar einen Fahrradausleiher, 2 h für 15 TL (1,50 €). Wir liefen, sahen dadurch sicher viel viel mehr, doch ein Rad lohnt sich auf den Wegen. Man kann sogar eine Bustour mieten. Die begehbaren Bereiche sind fast alle neu asphaltiert und mit Fahrrad-, Fußgänger- und Autostreifen markiert. Um ganz sicher zu gehen, stehen meist Holzpfosten mit 3 Seilen am Rand. Wir fragten einen UN-Soldaten, warum an ihrem Gebäude das slowakische Symbol angeschlagen ist, beantwortet hat er uns die Frage mit: „This is the UN-Building.“ Schlauer kamen wir aus der Frage und Antwort nicht heraus. Es gibt sogar einen kleinen bewirtschafteten Park mit Café und zwei Cafés am Strand je am Anfang und Ende. Der Besuch des kostenfrei zugänglichen Bereichs gehört für uns schon fast zum Pflichtprogramm bei einem Zypernbesuch, es besteht sogar die Möglichkeit, den zypriotischen Mietwagen in Nordzypern für den Aufenthalt zu versichern.
Zurück in der Festungsstadt wollten wir die gestern geschlossenen Kirchen und Bastionen noch besuchen. Doch leider waren sie auch heute geschlossen, nur am Castle hat man einen Aufgang mit Rundumblick über die gesamte Stadt von einer Plattform aus. Ein Reisebus vor dem Otello-Castle hielt uns dann vom Hineingehen ab, die Drohne leistete genug Aufklärungsarbeit, um das Castle anzuschauen 😊.
Der Weg führte uns zu einem der Topspots Nordzyperns, der antiken Stadt Salamis. Wer jetzt an die grobe oder feine in Schweinedarm denkt, ist nicht ganz richtig. Lonely Planet schreibt dazu: „Salamis war einst stolzes Aushängeschild der hellenistischen Zivilisation und Kultur auf der Insel und das bekannteste, prachtvollste der alten Stadtkönigreiche. Seit der Antike, in der sich die Könige der Expansion des athenischen Reichs widmeten, erlebte die Stadt Wohlstand, aber auch so viel Leid wie keine andere. Heute kann man auf dem Gelände umherschlendern und die Ruinen großartiger Statuen (ohne Köpfe – Anm. d. Autoren), Säulengänge, Sportstätten, Schwimmbecken, Bäder, Höfe der Agora und der Überreste des Tempels des Zeus auf sich wirken lassen.“ Der Eintritt beträgt 20 TL p.P. (2 €), aber auch hier hat man sich den europäischen Touristen angepasst, Euroeintritt 2,50€. Besonders beeindruckend sind wie immer die noch erhaltenen gefliesten Steinböden aus verschiedenen Steinarten. Die Genauigkeit bei den Verlegetoleranzen ist beachtlich. Viele Bereiche sind bisher ausgegraben, bedenkt man aber, dass es sich um eine ganze Stadt handelt, muss noch sehr viel unter der Erde liegen. Immer wieder sieht man auf dem weitläufigen Gelände einzelne Gruben, an denen Archäologen „gebuddelt“ haben. Leider wirkt es dadurch wie angefangen, aber nie beendet. Insgesamt fehlte uns bei einer solch wichtigen Fundstätte die Liebe zur Pflege. Viele Bereiche sind absolut vernachlässigt und könnten mit wenig Aufwand deutlich an Attraktivität gewinnen. Bei unserem Besuch wurde die St. Epiphanius Basilika, die einst größte Basilika Zyperns durch EU-Fördermittel „restauriert“. Wir nehmen eher an, nur das Unkraut entfernt. Auch der Zeuspalast ist verwildert und so kaum erkennbar. Viele Säulen sind wieder aufgestellt, Fresken und Mosaike an je einer Stelle noch erkennbar. Die Besiedlung von Salamis erfolgte bis etwa 600 n.Chr., bis die Bewohner vor den eindringenden Arabern flüchteten, welche die Stadt auch zerstörten. Man sollte sich vor den längeren Wegen nicht scheuen, leider fehlt es auf dem Gelände an einem Rundgang, so dass Hin- und Rückwege unausweichlich sind. Also auch hier noch viel viel Potential zur Verbesserung. Übrigens wurden wir beim Rückweg gebeten, entweder ganz schnell durchzuflitzen oder einen Parallelweg zu nehmen, es wurden gerade Filmaufnahmen für eine türkische Serie gedreht.
Wir hatten mit dem Parkplatz an Salamis auch einen guten Stellplatz gefunden, direkt am Meer und zum späten Nachmittag fertig, genossen wir mal 2 h am Strand. Auf dem benachbarten Picknickplatz fanden wir einen Wasserhahn, verbunden mit unserem Wasserschlauch eine schöne Duschgelegenheit. Bei dem bewölkten Wetter heißt es nämlich so viel Strom sparen wie möglich.
Bei der Reparaturverbesserung der Hecktür am Fahrradträger, mir war da noch etwa eingefallen, sprach mich ein älterer Herr an. Nicht der erste am heutigen Tagen, fragten uns doch Spanier als wir ankamen, ob man das Gelände mit dem Auto befahren könne, es wäre ja so groß. Zurück zu dem älteren Herrn, er war durch unser deutsches Nummernschild auf uns aufmerksam geworden. Suchte er doch seine Frau, von der er sich hier getrennt hatte und bat mich, sie zum Hotel zu schicken, wenn sie kommen würde. Er verrat mir zwar seinen Namen, als ich ihn nach einem Erkennungszeichen seiner Frau fragte, war es nur der grüne Rucksack. Sie kam an dem Abend nicht mehr, hatte wohl schon vor ihm den Rückweg zum Hotel angetreten.
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