Durch Eiswasser, Lavawüste und Birkenwäldchen – Thorsmörk (ISL-3)
- Hardy
- 11. Apr. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Blog 3: 16.07.18 - Auch heute klingelte der Wecker wieder urlaubsgerecht um 6:30 Uhr, doch die Bayern mit ihrem unglaublich starken Dialekt und lautem Organ weckten uns schon mindestens eine Stunde vor dem Wecker. Einer musste hier immer alles besser wissen als der andere, was er stets lautstark mitteilte. So ein richtig nerviger Wessi 😊, wenn man sich jetzt an Klischees bedienen möchte, möchten wir aber mit dem Gedanken an unsere vielen westdeutschen Freunde nicht.
Gegen 9:00 Uhr hatten wir alles gepackt, gefrühstückt und machten uns auf den Weg. Nach der gestrigen Wettersuppe strahlte uns heute die Sonne auf den Kopf, die Sonnenbrillen kamen auf die Nase und die Mütze wurde zu einem Cappi. Das Wetter war einfach super, wenn auch nicht sommerlich warm, nur ein paar Wolken und kein Regen. Die ersten Kilometer waren wunderschön, schon gestern hatten uns die Berge mit dem gelben, roten und schwarzen Gestein gefallen, alles Überbleibsel von Vulkanausbrüchen unterschiedlicher Tiefen. Teilweise waren sie mit Moosen und Flechten überwachsen. Schneefelder und Flussfurtungen lagen vor und hinter uns. Die ersten schönen Bilder landeten auf der Speicherkarte der Kamera.
Doch nach 2h machte sich bei mir die reduzierte und eingeteilte Nahrung des Morgens bemerkbar. Unsere Tagesrationen hatten wir vor der Reise abgewogen, in Tüten gepackt und eingeteilt. Fehlende Energie wirkt sich schnell aus, der Schritt wird kürzer und langsamer, der Rucksack nimmt an Masse zu, die Schultern schmerzen und der Rucksack sitzt einfach nur schlecht. Egal wie die Ration aussieht, da mussten wir nachhelfen, nach einer Müsliriegelstärkung ging alles wieder besser. Auch die ersten Flussquerungen hatten wir wieder hinter uns. Hier ist es unheimlich wichtig, die Füße mit einem schnelltrocknenden Handtuch gründlich zu trocknen, denn nasse Füße oder Socken führen zum Aufweichen der Haut oder ungewollter Reibung zwischen Fuß, Socke und Schuh. Das Wohlbefinden der Füße ist bei einer Trekkingreise das wichtigste, man sollte ihnen eine erhöhte Aufmerksamkeit zukommen lassen. So hat man lange etwas von ihnen 😊.
Es folgte eine ewig lange schwarze Lavasandwüste, die umrahmt war von grünen Bergen. Die Wüste wollte nicht enden, die Veränderung des Weges am Horizont schien ungreifbar und Sarah´s Füße begannen zu schmerzen. Nach fast nicht endend wollenden 10 km hatten wir die Wüste über-standen. Das eigentliche Ende der 3. Etappe und für uns Hälfte der heutigen zweiten Strecke markierte die Hütte „Emstrur“. Ein netter Ort zum Verweilen mit Blick in die isländische Bergwelt. Für Zelte gibt es hier kleine Flächen, die mit kleinen Steinwällen vor Wind geschützt sind. Die Verlockung, hier zu nächtigen, wurde von unserer Gier nach Entdeckung getilgt, aber auch von unserem Zeitplan.
Mit Schokolade und einer Fruchtschnitte taten wir uns dennoch etwas Gutes mit Ausblick und gingen dann weiter. Erstmal bergab ins nächste Tal und über eine Brücke, dann wieder hinauf. In unserem Tourenführer war die Sprache von einer steilen Bergabpassage, tatsächlich war sie steil und die Schuhe hatten gar keinen Halt. Auf dem losen Lavagranulat hielt nichts und es hieß, Haltung zu bewahren, den Körper aufrecht zu halten und einfach rutschen zu lassen. Man kam sich fast wie ein Surfer vor, hätten wir nicht die klobigen Wanderstiefel am Fuß und 23 kg auf dem Rücken. Die Landschaft war karg, einige Bodendecker versuchten Flora zu bilden, doch der Wanderführer sollte mit seinen Beschreibungen der „Mondlandschaft“ recht behalten. Die Füße schmerzten bei Sarah, teilweise waren sie auch schon offen, doch sie mussten der Wanderei nachgeben. Die Sonne schien durch die Wolkenlücken, das Wetter war perfekt zum Wandern. Nach vielen weiteren Kilometern folgte die letzte Flussüberquerung. Wieder Schuhe aus und durch. Jetzt veränderte sich die Landschaft, es kamen Birken. Wälder und Blumen 😊, aber nochmal bergauf. Es kam ein Kilometerschild, welches immer noch auf 4 km verwies. Bei Sarah ging der Kopf nach unten und bei mir meldete sich wieder Wolfgang. ☹ Es half nichts, Schmetterlinge, Blümchen und immer mehr Bäume, fast ein Birkenwäldchen, durch das wir mussten. Die Flora ist auf Island streng geschützt, durch die vielen Abholzungen für Feuerholz nach Entdeckung der Insel tut man sich noch heute sehr schwer, die fast unwirkliche Landschaft wieder aufzuforsten. Das Fällen von Bäumen steht unter hoher Strafe.
Weiter geht’s und nach wenigen Minuten sahen wir das Ziel in einer grünen Oase. Der Zeltplatz in Thorsmörk kostete auch wieder 2000 ISK p.P., aber er war wunderschön mit vielen Rasenflächen, kleinen Flussläufen, super Toiletten und Landschaft. Wir konnten in Erfahrung bringen, dass der Rasen des Zeltplatzes Rollrasen aus den Niederlanden sei. Ein lustiger Fakt nebenbei. Eine kalte Dusche, die die Gänsehaut wie tausende Pickel auf den Körper zauberte und mal ein paar Sachen durchwaschen. Das Zelt bot genug Leine zum Aufhängen. Wir kochten noch Reis mit Beef Stroganov und Nudeln mit Rindfleisch und zusätzlich natürlich etwas Süßes. Am Ende des Tages genehmigte uns das ausgetrocknete Flusstal mit seinen hohen Felsenwänden noch einen bezaubernden Sonnenuntergang.
Der heutige Tag hielt ca. 32 km, 555 hm ↑ und 875 hm ↓ für uns bereit, wir waren kaputt, aber glücklich. Glücklich aber auch, in den Schlafsack kriechen und dem Schlaf entgegen sehen zu können.
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