Ein saurer Morgen – Tatev (ARM-10)
- Hardy
- 23. Aug. 2021
- 3 Min. Lesezeit
23.08.2021 – Das Ende des armenischen Stammtisches brachte uns die Möglichkeit, der geraden Ausrichtung. Schuhe ordentlich vor der Wohnung ausziehen und hinein in die Nacht. Was war das nur für ein Fehler. Sarah stand heute Morgen auf, wollte von draußen etwas holen, war doch einer der Schuhe stibitzt. Eine Suche im nahen Umfeld ergab keinen Fahndungserfolg, hatte ihn ein Tier wohl in seinen Bau entführt.
Das Frühstück ließen wir uns trotzdem nicht vermiesen, tropfte doch die Milch dickflüssig auf das Müsli. Na super, wir hatten beim Einkaufen die Frischmilch erwischt und diese war heute 2 Tage über dem Verbrauchsdatum und zu Sauerrahm geworden. Dieser Morgen war an Sauerkeit nicht zu überbieten 😊.
Rauf auf die Räder, wir hatten ein paar Spots im Plan. Vorbei an der touristischen Tatev-Seilbahn genossen wir nach wenigen Höhenmetern die lange Abfahrt von etwa 600 hm, doch nach ab kommt auf oder Pongauerisch nach obi kommt aufi … Den ersten Halt machten wir an der Devils Bridge, sie bildete sozusagen den Wendepunkt von ab und auf. Ein natürliches Felsenkonstrukt, durch welches sich der Fluss immer weiter in die Tiefe gefressen hat, bildet hier Sehenswertes. Klettert man noch etwas in die Tiefe, lassen sich die Ablagerung von Kalk auf den Felsen in verschiedenen Formen anschauen. Den Besucher laden hier auch natürliche Pools ein, die eigentlich warm sein sollten. Die Wasserquelle verriet mal wieder eine mineralhaltige Quelle …
16 Kehren in Serpentinen hinauf, immer wieder mal ein schnaufender und lamender LKW, etwas amüsant die die Aufschrift auf einem Kamas LKW, der mit Euro 2 eingestuft wurde. Bei unserer gestrigen Fahrt war die Abgaswolke so stark, dass man beim Überholen den entgegenkommenden Verkehr nicht mal erahnen konnte, sondern in einer schwarzen Wolke steckte. Nach 540 hm noch etwas Schotter und schon waren wir am Kloster angekommen. Während der Fahrt besprochen wir, dass Sarah heute mal in den Genuss einer Rückfahrt mit der Seilbahn kommen sollte und ich mich am Berg verausgaben kann.
Das Kloster Tatev ist eine große, nicht mehr aktive Anlage, die von Besuchern reichlich frequentiert wird, daher fiel unsere Entscheidung auch auf einen Besuch am Montag. Wir taten gut daran, nur wenige Touristen gesellten sich um uns, schauten in die verschiedenen Kirchen, den Essensaal und auf die Mauer. In einem kleinen Museum fehlten einige Exponate, hoffentlich nicht gestohlen. Überwältigt wurden wir von der Bischofsresidenz, etliche Räumlichkeiten mit Blick in die Tatev-Schlucht, so könnten wir uns ein Leben auch vorstellen 😊
Nach diversen Auffüllungen am Wasserbrunnen des Klosters checkten wir die Seilbahn und der saure Montag schlug wieder zu, sie ist montags immer geschlossen und Sarahs Augen wussten nicht genau, was sie tun sollten, hatte sie doch auf dem Weg hinauf zum Kloster alles gegeben. So mussten wir doch beide fahren. 16 Serpentinen hinab, die mich meine restlichen vorderen Bremsbelege kosteten, hielten wir noch an einer alten Kirchenruine. Übrigens hat man hier im Gegensatz zu Georgien verstanden, eine tolle Zipline über mehrere Ebenen zu erschaffen, die immer wieder über die Schlucht der Devils Bridge führt. Wir quälten uns weiter den Berg hinauf, man bekam schon fast Mitleid, wie hart jede einzelne Pedalumdrehung war. Der Asphalt brannte uns mit Wärme entgegen und der Wind bließ nur warm. Doch dann tropfte es, erst sachte und dann in einem Platzregen, der uns unter einem Baum Unterschlupf suchen lies. Das Schauspiel dauerte 20 min und sorgte für einen Temperatursturz von 10 Grad. Am nächsten Spot verharrten die Bustouristen auf ein Ende des Regens, denn der Harsnadzor-View Tower ermöglichte einen unvergesslichen Blick in die Schlucht und in mehrere Richtungen. Nicht klar erkennbar ist die Entstehung der Schlucht, teils sieht es nach einem Erdbeben, aber auch wieder vulkanischen Ursprungs aus, der Fluss trägt mit dem Einschneiden ins Tal nicht unbedingt zur Auflösung bei.
Kurz vorm Ende unserer Fahrt wollten wir die saure Milch ersetzen, doch die Verkaufsprodukte waren eher Zigaretten, Alkohol und Eis. So wurde aus Milch eher ein Motivationseis für die letzten Kilometer. Doch auch immer wieder hupten uns Autofahrer zu, zeigten uns den Daumen nach oben, weil sie davon begeistert waren, dass wir den Weg mit dem Rad absolvieren. Auch kommen uns auf den hiesigen Straßen immer wieder russische Militärfahrzeuge entgegen. Die Region, in der wir gerade sind, ist eine Krisenregion, offiziell herrscht ein Waffenstillstand zwischen Aserbaidschan und Armenien. Die russische Armee soll den Waffenstillstand zwischen den Ländern kontrollieren. Gestern entdeckten wir auch einen russischen Militärstützpunkt, aber auch heute hörten wir wieder abgeschossenen Kanonen und Einschläge, befinden uns aber in sicherem Gebiet.
Zurück am Polwan entschlossen wir, alle Fünfe gerade sein zu lassen und den Stellplatz nicht mehr zu wechseln, war unsere Aussicht doch überragend. So verabredeten wir uns noch mit unseren schweizer Freunden zum morgigen Abend. Als ich unseren armenischen Freund Artur fragte, ob er uns noch etwas in der südlichen Region Armeniens empfehlen kann, sagte er nur: Die Straße nach Yerewan, denn er vermisst uns.
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