Eingeschluchtet - Ploiesti (ROU-6)
- Hardy
- 13. Juni 2021
- 4 Min. Lesezeit
12.06.2021 – Das Kreischen einer Katze ließ ein wahres Konzert der örtlichen Hundegang entstehen, eigentlich kein Problem, wenn es nicht 3 Uhr nachts wäre. Trotzdem standen wir auf dem Gemeindeparkplatz mit Internetempfang ziemlich safe und gönnten uns mal einen Netflixabend.
Die Sonne war heute dann auch so verhalten bei Tagesbeginn wie wir beim Aufstehen und so wurde bei unserem Besuch im Kloster Tiganesti schon kräftig gesungen, gebetet und Buße getan. Besonders sehenswert, wie das Kloster beschrieben war, fanden wir es nicht. Doch als Nonnenkloster ist es dann doch besonders. Um die Kirche herum standen zwei Häuserreihen, in denen die Nonnen wohnen. Und etwas ist uns auch noch aufgefallen. Alle brachten zur Morgenmesse etwas zu Essen mit und stellten es auf einen Gabentisch. Es war von allem etwas dabei und auf jedem stand ein kleines Teelicht. Auch im Dorf fiel uns auf, dass die Menschen mit geflochtenen Körben auf den Friedhof gingen. In den Körben war stets ein runder Kuchen mit einem Teelicht. Beim Betreten des Friedhofs brannte das Teelicht, beim Verlassen war es erloschen und es fehlte ein Stück vom Kuchen. Vielleicht können wir in unserer Zeit hier noch etwas über diesen Brauch herausfinden.
Lange haben wir gestern hin und her überlegt, wie wir weiterfahren und was wir mitnehmen. Rumänien war für uns bisher ziemlich stadtlastig, wir wollten wieder in die Natur. Mit Bukarest hatten wir wohl das Non-Plus-Ultra gesehen und viel über die architektonische Vergangenheit gelernt. Auf unserem Weg in die Natur nahmen wir im förmlichen Vorbeifahren die Stadt Ploiesti mit. Auch hier die bekannte Mixtur von eleganten, prunkvollen und teils liebevoll renovierten Stuckbauten, schweren, schier brachialen Kommunistenbauten und neuer Architektur. Entlang eines langestreckten Parks ging es für uns in die Stadt, wir besuchten eine große Markthalle, die in drei Abteile (Fleisch, Käse, Fisch) aufgeteilt ist. Wobei die Mischung des Geruchs erstmal gewöhnungsbedürftig war. Auch einige Süßigkeiten mischten sich dazwischen … Irgendwie stehen Städte wohl derzeit auf Regenschirmgassen, auch in Ploiesti schauten wir sie uns an und entdeckten einen traditionellen Baumstrietzel-Laden. Fällt einem auf dem Weihnachtsmarkt bei 5 € und mehr das Kaufen schon ziemlich schwer, grinsten wir fast über die 7 Lei und die Verkäuferin freute sich total, dass wir uns freuten. Lecker war er auf alle Fälle. Wie schon in Bukarest können wir nur sagen, probiert, was es so gibt, auch wenn ihr es nicht kennt. In Bukarest hatten wir eine Teigtasche aus Laugen. Beim Hineinbeißen konnten wir fast nicht glauben, womit sie gefüllt war, ein Würstchen mit Senf. Zwei andere Teile waren lecker mit Spinat und Schafskäse gefüllt.
Ploiesti, ein Ort, den man sich mal für einen kurzen Halt anschauen kann, einen aber nicht von den Beinen holen wird. Leider liefen uns zweimal ältere Damen hinterher und bebettelten uns. Meist lassen sie ab, wenn man gar nicht reagiert, aber dies war nicht ganz so angenehm.
Von den üppigen Sonnenstunden war im entgegenkommenden Gebirge nicht mehr viel zu sehen. Der Himmel verfärbte sich in die dunkelsten Farben, Schleier ließen Regen erahnen und es blitzte kräftig. Die beste Variante, um in die Höhe zu fahren. Der folgende Starkregen ließ die Straße schnell überspülen, das von den Nebenfahrern verdrängte Wasser verdeckte oft für mehrere Sekunden die Frontscheibe komplett, so dass der ein oder andere Blindflug anstand. Bei zweispuriger Straßenführung ohne Standstreifen und tiefen, unbedeckter Abwasserrinne direkt am Straßenrand nicht ganz ungefährlich. Schnell kam aus dem Gebirge Schlammwasser und Schotter dazu. Das Negativerlebnis hatten wir ein paar Dörfer weiter, als die Straße nicht durch Wasser oder Schlamm überdeckt war, sondern von einer Mülllawine. Ein herbeigerufener Bagger sorgte für Platz, emsige Arbeiter befreiten die Abwasserrinne vom Müll. Bisher war Rumänien unerwartet sauber und überraschte uns immer wieder. Mal sehen, wie es weiter geht.
Ansonsten bemerkten wir die Veränderung der Baustruktur, je weiter wir ins Gebirge kamen, desto mehr Holzhäuser säumten die Straße. Nun zeigt sich plötzlich ein ganz anderes Rumänien, wir freuen uns total darauf.
Nach traumhaften Ausblicken von der Hochstraße über die rumänische Bergwelt kamen wir gegen Nachmittag, wieder zu früh, um alle Viere von sich zu strecken, am Lakul Bolboci (Stausee Bolboci) an und wanderten noch durch die Cheile Zanoagei (Schlucht). Nach dem üppigen Regen war der Weg mit vielen glatten Steinen und Matsch nicht ganz so leicht, doch die Landschaft entschuldigte alles. Links und rechts hohe Felswände, ein neben uns rauschender Fluss, der immer wieder kleine Wasserfälle bildete und schließlich in einem blau-grün schimmernden Gebirgssee mündete. Bis hierher war der Weg wunderbar ausgeschildert, doch an einem imposanten Wasserfall verlief sich der Weg. Die Fahrstraße hätte einen großen Umweg bedeutet, eine weitere Fahrstraße (der eigentliche Wanderweg) endete nach 1,5 km vor einem großen Fallrohr zur Stromerzeugung mittels Wasserenergie. Nach der Wanderung stellte sich heraus, dass wir über das Fallrohr hätten klettern müssen, doch wer denkt schon daran, wenn danach nicht einmal ein Weg zu sehen ist. Also ging es auf dem gleichen Weg zurück. Ganz ehrlich, bei den Aussichten hätte es uns doch deutlich schlimmer treffen können. 😊
Ein Unwetter kommt meist selten allein, kurz nach unserer Ankunft donnerte und blitzte es wieder, der Regen ließ nicht lange auf sich warten. Ein Tag ohne Gewitter ist wohl kein rumänischer Tag. Mal sehen, ob wir bei unserem morgigen Vorhaben wetterbedingt eingeschränkt werden.
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