Endgegner Olympos – Troodos (CYP-4)
- Hardy
- 25. Okt. 2021
- 4 Min. Lesezeit
23.10.2021 – Ist unser Reisestil gesund, reisen wir zu schnell, ohne dass sich der Körper richtig akklimatisieren kann oder fordern wir unseren Körper und stärken ihn damit? Das war ein kurzes Diskussionsthema in den letzten Tagen. Unsere Höhenlage, in der wir schlafen, wechselt jedenfalls regelmäßig, so wachten wir heute auf 1750 m auf und hatten draußen angenehme 3 Grad. Vor dem Frühstück hieß es erstmal umparken, um die Naturheizung der Sonne zu nutzen. Hausschuhe an, lange Sachen zweischichtig und eine Decke, so waren wir bei 6 Grad im Polwan perfekt zum Frühstück präpariert 😊.
Mit dem MTB ging es nach ordentlich Kohlenhydrataufnahme auch schon los, vorbei am benachbarten Visitors Center Troodos immer bergan. Wir hatten uns ein geliebtes Ziel gesteckt, den höchsten Berg Zyperns mit dem Rad zu bezwingen. Der Olympos stellte sich mit seinen 1952 m nicht gerade als Endgegner dar. In SummitLynx eingetragen, standen wir auf dem Top direkt neben einem Skilift. Ja, Zypern hat Skilifte und derer sogar 3. Bis ganz hinauf kommt man nicht mit dem Rad, die Straße ist militärisch auf den letzten 100 hm gesperrt und der Schotterweg ist nicht fahrbar, also 100m zu Fuß. Doch wo hat man es schon, dass der Skifahrer bei der Abfahrt mit Blick auf´s Meer unterwegs ist?
Hinab meldeten sich die nächsten verbrauchten Bremsbeläge mit einem metallischen Schleifen bei Sarah. Im Troodos-Gebirge gibt es ein gut ausgebautes Fahrradwegenetz mit verschiedenen Touren – CyprusCyclo. Immer wieder kreuzten wir heute die Wege und die kleinen blauen Schilder am Straßenrad mit den Nummern der Tour. Über vermehrt Forststraßen genossen wir das MTB-Gefühl bei meist losem mittlerem Schotter. Teilweise half es nichtmal den Sattel nach unten zu schieben, entweder saß man auf dem Rahmenrohr oder man hätte den Abgang über den Lenker vorgezogen, so steil war es. Bis wir an eine etwa 4 m Kante kamen, die uns zur Straße trennte. Da hatte unser Routenprogramm nicht aufgepasst. Auf trockenen und rutschigen Tannennadeln im Steilgelände fanden wir einen Kletterabgang. Die Räder am Hinterrad von oben gesichert und unten das Vorderrad entgegen nehmend, funktionierte es … Schon waren wir an unserem ersten Ziel, dem Kloster Trooditissa. Etwas irritiert lasen wir den Zettel am Eingang, dass sie ein aktives Kloster sind und nicht unbedingt Besucher wollen. Das Kloster lag malerisch, hatte etwas Jugendherbergestil, die Steinkirche war von innen aber sehr schön bemalt. Ein Besuch lohnt schon, wenn es nahe liegt. Für uns ging es nun ordentlich bergab, auf wilden Schottertrails bremsten wir uns immer weiter hinab, nahmen schöne Kurven mit etlichen Viewpoints. Für einen Wasserfall trauten wir uns noch weiter 300 hm hinab. Doch auch er enttäuscht mit wenig Wasser, Touristen scheuchten ihren Mietwagen zahlreich dorthin, wir hätten uns geärgert. Mit dem Radel nehmen wir Schotterwege gerne in Kauf. Ab da hieß es bergauf, bis uns eine Britin im Steilanstieg aus dem Tritt und zum Stilstand brachte. Sie wollte doch tatsächlich wissen, ob am Ende des Weges eine Fischfarm ist.
Unser Weg war schon unangenehm zum Wandern vor lauter lockeren und eckigen Steinen, mit dem Rad ging es nur mit einer optimalen Linienführung nach oben. Der Schweiß rann, die Trinkflasche leerte sich und ohne Verpflegungspause wären wir leer gewesen. Als Abschluss wählten wir noch die serpentinenlastige Oldroad Patreas – Troodos ... der heutige Endgegner. Nach 34 km und 1461 hm waren wir platt.
Ein Kaffee und der kurz Geotrail am Visitor Center später, nagelte auch schon der Dieselmotor im Polwan. Strecken von 30 km klingen lachhaft, dauern im Troodosgebirge mit einem Camper gut und gerne auch mal eine Stunde, die Straßenqualität ist sehr gut, aber schmal und regelmäßiger Steinschlag bedeckt die Straße, da ist Aufmerksamkeit wichtig.
Wir machten etwas, was wir nur höchst selten machen, direkt vor einem Spot parken 😊 Das Kloster Kykkos gilt als mächtigstes Kloster der gesamten Insel und hat ein Ikonenbild, welches schon für so manch erwarteten Regenschauer sorgte. Wenn ihr die Insel mal besucht, plant dieses Kloster unbedingt ein. Wir waren von den Socken, bunte Bemalungen und Mosaike bis in die letzte Ecke. Jeder Gang ist etwas anders. Bis auf die Wohnräume kann sehr viel besichtigt werden, über mehrere Treppen und Gänge gelangt man in verschiedene Höfe, Etagen und Bereiche. Leider wurde das Kloster über die Jahrhunderte immer wieder von Erdbeben zerstört, der aktuelle Stand entspricht dem 19. – 20. Jh., die Bemalungen sollen gute 25 Jahre alt sein.
Wer nach oben an den Berg schaut, sieht noch ein Glockentor und eine Grabstätte. Ausgeschrieben als 1 km überwanden wir uns, es zu Fuß anzugehen. Eigentlich ging nach der Tour heute nicht mehr viel, die letztendlichen fast 2,5 km raubten Sarah das Lachen aus dem Gesicht. Doch der Aufgang lohnte sich. Viele Mosaike begleiten euch die letzten 400 m hinauf. In der Grabstätte erwarten euch viele Wandfresken und über allem das riesige Jesusgesicht in der Kuppel, wie es bei orthodoxen Kirchen üblich ist. Ein Blick auf den Boden ist unbedingt notwendig, aus verschiedenen Steinen liegen in vielen Kirchen, wie auch hier in dieser Grabstätte Kunstwerke aus Stein. In Kirchen ist es meist der zweiköpfige Adler, in der Grabstätte schauen Wespen nach innen aus allen vier Ecken. Ein hoher Geistlicher wurde auch zur Grabstätte hochchauffiert, standesgemäß reist dieser Priester im Mercedes AMG V8 Biturbo. Die Kassen unter den Ikonen scheinen reichlich zu klingeln 😊
Für uns hieß es noch 59 km im Troodos-Gebirge auf engen Straßen und immer die 3,2 t schön in die Kurven legen. Fahrt die Bergstrecken auf keinen Fall unter Zeitdruck, es herrscht zwar wenig Verkehr, die Strecke macht aber unglaublich Spaß. Allerdings solltet ihr absolut kein Liebhaber eines stillstehenden Lenkrades und Tempomats sein. Unser Stellplatz befindet sich heute auf Meereshöhe hinterm Strand. Zur Feier des Tages gab es warmes Duschwasser …
Comments