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Filzen an der Grenze - Cernivci (UKR-1)

  • Hardy
  • 30. Juni 2021
  • 5 Min. Lesezeit

27.06.2021 – Üppiger Regenfall beherrschte die Nacht und trommelte so laut auf´s Dach, dass selbst das Tablet keine Chance hatte, den Ton unseres Filmes im lauten Modus richtig rüber zu bringen. Nun waren wir froh, nicht direkt am Bach und nur im Halbgras geparkt zu haben. Die Gefahr des Festfahrens war durchaus da.

Beim Vorbeikommen der ersten Kremsen starteten auch wir den Motor, rumpelten durch Pfützen und Schotter, bis wir die rettende Straße erreichten. Auf dem Plan stand die Regionshauptstadt Suceava, die wir nach 40 km erreichten. Ein letzter rumänischer Einkauf und nochmal alles in den Korb, was uns hier richtig geschmeckt hat. In Suceava besuchten wir ein Mönchskloster, hier hatten die Menschen die Möglichkeit, sich schon beim Betreten des Geländes vom Priester segnen zu lassen, es wurde auch ein Fest vorbereitet. Vorbei an einem Ethnografiemuseum (30 Lei/Pers.) ging es zur über der Stadt thronenden Festung (16 Lei/Pers). Die Eintritte sparten wir uns heute, da alles auch von außen gut zu sehen war. Am Kulturpalast war ein riesiges Plakat mit allen Moldauklöstern und ihrer Entstehung aufgehängt, hatten wir nur 3 der 8 Klöster besucht, sahen wir, dass sich alle ähneln. So können wir unseren Tipp, sich nur die schönsten oder die auf der Route liegenden herauszusuchen, nur bestätigen.

Wenn alles klappt, können wir ab jetzt nicht mehr mit Googlemaps navigieren, da hierfür zur Routeneingabe bzw. -suche Internet notwendig ist. Deshalb luden wir uns im hiesigen WIFI noch die Offline-Routenplaner „Here we go“ & „Maps me“ mit den entsprechenden Kartenmaterialien herunter. Die Grundeinstellung ist in Englisch, eine deutsche Stimme muss zusätzlich geladen werden. Man hat die Wahl zwischen Mann und Frau. Begleiteten uns bisher unsere Navi-Stimmen Sabine und Petra und die Tante von Google, fiel jetzt die Wahl auf Lieselotte. Mal sehen, ob sie uns taugt. Wir werden ggf. über Vor- und Nachteile bzw. Probleme berichten.

Nun lagen 37 km vor uns und dann sollte es Tschüss Rumänien und Byebye Europäische Union heißen. Die Einreisebestimmungen hatten sich am 24.06. geändert und ein zusätzlicher PCR-Test zur Impfung ist nicht mehr notwendig. Sicher hätten wir in die Ukraine sinnvollere Wege fahren können, nur war sie zu der Zeit noch nicht offen. Was solls, wir haben uns einen Reiseplan gemacht, der Sinn ergibt. Seid gespannt.

Die Grenze war überhaupt nicht ausgeschrieben und plötzlich war nur eine Barriere vor uns, die wir mit 5 km/h überrumpeln mussten, bis ein großes Schlagloch uns auf die Busspur zwang, die dann wieder zur Car-Spur wurde 😊. Flux hatten wir eine rumänische Beamtin am Fenster und einen Zöllner am Auto. Die Pässe waren ok, Verkehrsdelikte gab es keine, der Zöllner begnügte sich mit Hineinschauen. Wir erhielten noch die Info, dass wir ohne PCR-Test nicht hineinkommen würden … ok. Wir sagten nur, dann sehen wir uns gleich wieder …

Dann mal auf zur ukrainischen Grenze. Nur eine Schranke, ein Soldat. Heranfahren an die Schranke, die sich öffnete, die nächste Barriere überrumpeln. Er gab uns einen Zettel, wie einen Fahrschein. Da quatschte uns doch ein Ukrainer in gutem Deutsch an, ob wir ihn mit über die Grenze nehmen könnte, da er mit dem Auto ausgereist sei, es in der Türkei verkauft hätte und jetzt mit dem Auto wieder in die Ukraine einreisen müsste. So richtig wussten wir nicht, was wir davon halten sollten, mit nur zwei verkehrstauglichen Sitzen kam es sowieso nicht in Frage. Sorry.

Weiterfahrt zu den Grenzern, die erste Kontrolle fand im Camper statt. Ein Grenzer ging einfach rein, kramte in den Fächern rum, schaute im Dachfach, unter den Sitzen, die Küche ab, spätestens beim Müsli war ihm dann wohl zu langweilig. Ab zur Passkontrolle, Pässe, Fahrzeugpapiere, Impfnachweise, Impfpässe und ein Dokument, welches nachweist, dass wir eine Krankenkasse haben, die eine Covid-Erkrankung übernimmt. Unterdessen war auch der Ukrainer mit einem anderen Auto eingereist, er wollte wohl einfach mit uns reden und hing noch etwas an unserem Ohr. Viel hin und her am Schalter. Als alles ok war, sagten wir zu allen Bye, doch ein Polizist meinte „net bye“. Auch er wollte unsere Pässe und Fahrzeugpapiere sehen. Ein anderer Soldat „bewachte“ uns. Irgendwann flachsten wir mit ihm in einer Mischung aus Englisch, Deutsch und Russisch. Das Angebot, mal in den Camper zu schauen, verneinte er, sahen wir wohl zu ungefährlich als Schmuggler aus. Letztendlich gab es die Papiere wieder, ein Winken zum Abschluss und nach 13 min Warterei ging es zum nächsten Soldaten, der das Ticket einkassierte und uns mit einem „Go“ in die Ukraine verabschiedete. Viele Schauermärchen, wie der ganze Camper muss ausgeräumt, die Beamten müssen bestochen werden oder Dinge werden an der Grenze einbehalten, können wir nicht bestätigen. Doch wir wurden mit Abstand am längsten begutachtet.

„Dobre Dien“ Ukraine, nur mit absolutem Geschick rollten wir vorbei an tiefen Schlaglöchern aus der EU heraus. Sollte sich der Mythos der schlechten Straßen sofort bemerkbar machen? Wir hatten viel gehört und gelesen. Bis Cernivci waren die Straßen zwischen sehr gut und naja noch ok. Doch als wir auf unseren Stellplatz fuhren, waren die Löcher von autogroß bis 20cm tief. Absoluter Rumpelalarm und Schneckentempo.

Geparkt hatten wir direkt am Theater-Park, kurzfristig entschieden wir uns, die Stadt noch zu besichtigen. Es stellte sich heraus, dass auch in diesem Park, ein Vergnügungspark mit einigen Fahrgeschäften und Buden war, den Schwulen- und Lesbentagen wurde mit bunten Luftballons an einem Brunnen Tribut gezollt. Dann ging es so richtig in die Stadt, ein klares Zentrum gibt es nicht, doch die Mischung aus moderner Werbung, kommunistischen Wohnhäusern und Altbau war auffällig. Die herumfahrenden Busse fahren wohl seit unserem gemeinsamen Alter. Irgendwie wirkt die Zeit etwas stehengeblieben. Das Highlight der Stadt bildet das Haupt-Universitätsgebäude, welches auch den Titel Unesco-Weltkulturerbe trägt. Gegen Eintritt kann auch dieses mit Museum besichtigt werden. Auch in dieser Stadt sind die deutschen Spuren zu erkennen, es gibt nicht nur so manches deutsches Schild, auch die Uni wurde von Kaiser Franz-Josef eingeweiht. Die Habsburger hatten gefühlt überall ihre Finger im Spiel.

Zurück ging es an einem WIFI-Spot vorbei, kurze Meldung, Einreise hat geklappt und den Rest abchecken. In den nächsten Wochen versuchen wir uns so regelmäßig wie möglich bei euch zu melden, ob es mit öffentlichem WLAN klappt, werden wir sehen. Hatten wir schon viele Altbauten gesehen, waren sie in der Fußgängerzone nahezu alle restauriert. Es machte einfach Spaß, durch die Menschen zu laufen. Sie vermitteln so gar nicht die Vorahnung, die man von Ukrainern hat. Modern und gut gekleidet, lässig und frei kamen sie daher, sie vermittelten Zufriedenheit, ohne jegliche Arroganz. Wir fühlten uns hier wohl.

Vom Weiten konnten wir schon ein Glockenspiel hören, welches einfach nicht verstummen wollte. Auch in der Ukraine, wollen wir schauen, wie sich die Kirchen hier aufstellen. In Rumänien sahen wir gefühlt 5 Stück pro Dorf, da die Rumänen sehr gläubig sind und der damalige Diktator den Glauben verbot. Hier war wieder viel Gold im Spiel, doch die Stimmung wirkte mit dunklen Bildern und leicht verrauchter Luft eher düster.

Am Polwan angekommen, ging es für uns doch nochmal 25 km weiter, um in der Natur schlafen zu können. Bei der Stadtbegehung sahen wir schon den verheerenden Zustand der Straßen, sowas kann man sich nicht vorstellen. Tiefe Schlaglöcher, 10 cm abgesetzte Gullis oder fehlende Kanaldeckel mitten auf der Straße. Über das Kopfsteinpflaster lästerten wir noch, dass man wohl sparen wollte und einfach nicht jeden Stein setzte. Aus der Stadt herauszukommen war ein Graus, Temposchnitt zwischen 15 und 20 km/h immer mit dem Blick in den Rückspiegel, dass kein waghalsiger hinten drauf fährt, wenn man mal wieder 2 m nach links oder rechts schwenken musste. Das Fahren auf der Gegenfahrspur bei durchgezogener Linie ist zum Ausweichen der Schlaglöcher wohl Gang und Gebe.

Wir sind gespannt, wie es weiter geht. Das Tanken machte hingegen Spaß, bei 26,50 UAH (0,795 €) lässt sich der ein oder andere Zusatzliter durch Slalomfahren im zweiten Gang verkraften.

Von der Stadt waren wir positiv überrascht, sie wirkt sehr jung durch die vielen jungen Menschen / Studenten und lässt uns auf den Rest unseres ungeplanten Ukraineabstechers freuen.


 
 
 

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