Good bye Ukraine hello Moldavia – Soroca (MDA-1)
- Hardy
- 9. Juli 2021
- 4 Min. Lesezeit
07.07.2021 – Alles schick, so endete der gestrige Blog, doch wir freuten uns zu früh. Schon schlafend hielt um kurz vor 0 Uhr ein Traktor neben uns und wummerte gegen die Türen. Ein Bauer, der mit uns ein Problem hatte. Er verstand nichts, wir verstanden ich nicht. Er stellte sich direkt in die Schiebetür, später setzte er sich rein und klingelte mit seinen Anrufen zwei verschiedene Kontakte aus dem Bett. Für uns eine extrem unangenehme Situation … letztendlich fuhr er und gab uns noch die Hand, er hatte wohl verstanden, dass wir keinen Fisch aus dem „Privat“-Teich wollten. Heute früh saßen schon um 5 anrollenden Angler zu 7 am Teich.
Jetzt hieß es, die letzten Rumpelkilometer bis zur Grenze überstehen und dann auf bessere Straßen hoffen. Die ukrainische Grenze … sie dauerte für uns 45 min. Erster Schlagbaum und automatische Schranke, Schranke hoch, Schlagbaum umklappen, erster Zettel. Vorfahren bis zum Kontrollhäuschen, der erste Soldat schaut durch das ganze Auto, der zweite Soldat kommt, lässt uns 3 m zurückfahren, schaut durchs ganze Auto. Der Zoll kommt hinzu, schaut durchs ganze Auto. Jeder wollte natürlich Passport und Zulassung sehen. Wachwechsel und das gleiche Spiel ging von vorne los. Wahrscheinlich wollte jeder einfach mal hineinschauen, ist ja auch spannend so ein deutscher Camper. Alle Schränke wurden mehrfach geöffnet, Teile der Ladung ausgeräumt, Fahrzeugabdeckungen für die Fahrgestellnummer geöffnet und Fotos gemacht. 7 Personen waren mit uns beschäftigt, 7 x mal wurde alles geöffnet und wir waren dann schon etwas genervt. Keiner verstand die Sprache des anderen, trotzdem hatten wir mit den wartenden Grenzern unseren Spaß. Die Pässe wurden abgestempelt, der ukrainische Laufzettel hatte nun auch drei Stempel, den uns ein 8. Soldat dann abnahm. Elektrische Schranke hoch, Schlagbaum umklappen und Einfahrt nach Moldawien.
Der moldawische Grenzer empfing uns freundlich, Masken schnell auf, die waren in der Ukraine nicht notwendig. Passport, Fahrzeugpapiere, Greencard, Vaccinepapiere, alles war da, er war zufrieden, schaute überall hinein, eher ein Alibiblick. Dann kam ein zweiter, auch er wollte wieder alle Papiere, machte Fotos … Eine Stunde war bereits vergangen und wir immer noch nicht in Moldawien. Alles ok, der Grenzer war sogar noch so freundlich, für uns alle Formalitäten für die moldawische Vignette zu erledigen. Zum Schluss holte er sogar noch Wasser aus dem Brunnen für unseren Tank und begrüßte uns mit „Welcome in Moldavia“, wenn es mit den Polizisten so weiter geht, freuen wir uns.
Worüber wir uns nicht freuten, waren die Straßen, es ging so weiter wie in der Ukraine, Schlagloch und Flicken an Flicken. Kurz vor unserem ersten Spot wurde es noch schärfer, reine Schotterstraße. Hatten wir nicht für eine Straßenvignette bezahlt? Der erste Spot war das Kloster Rudi, doch bei schwülen 26 °C dachten wir nicht an lange Kleidung. So wurde es ein halbstündiger Spaziergang durch den moldawischen Wald. Denn die Nonne am Empfang mit feinster silberner oberen und unteren Kauleiste wollte uns so nicht hineinlassen. Klar, wir kennen die Regeln, es war unsere Schlamperei. 😊 So gingen wir noch am Friedhof vorbei, zu moldawischen Friedhöfen gibt es auch einiges zu erzählen, dazu in einem anderen Blog mehr.
Nur 4 km weiter, wieder über Schotter waren wir an einem geodetischen Punkt des Struve Bogens, wir befanden uns an diesem Punkt genau auf dem 26 Meridian zwischen Hamerfest (NOR) und Ismael (TÜR). Nach dem wir schon auf dem nördlichen Polarkreis auf Grimsey (ISL) standen, haben wir nun einen weiteren Punkt.
Unser weiterer Weg war wieder zum Wegschmeißen des Autoschlüssels, etwa 40 km Schotterpiste, wir hatten schon jetzt keine Lust mehr auf Moldawien. Nachdem uns kurz hinterm Kloster Rudi ein Arbeiter fast die Seite mit seinem Stern am Freischneider aufgeschlitzt hatte, fuhren wir mal wieder todesmutig im Gegenverkehr. Ein Art Planierraupe hatte die Schotterstraße über 7 km glatt geschoben, das Fahren war nur auf einer Seite möglich, der in der Mitte liegende lockere Schotter war nicht überwindbar. Es möge bitte kein Follower mehr etwas über deutsche Straßen sagen.
Kurz vor Soroca meinten es die Straßen besser, sie waren in gutem Zustand. Soroca ist eine Stadt, die am Dnister liegt, der hier genau die West-Ost-Grenze von Moldawien und der Ukraine bildet. Es gibt sogar eine Fähre, man möge sich das tägliche Grenzprozedere vorstellen, wenn man im anderen Land arbeitet, ist ja in der EU nichts Unnormales. Früher lagen der Fluss und der Grenzübergang irgendwo in der Sowjetunion und war viel befahren, heute tut die Technik von damals noch irgendwie ihren Dienst. Das geschichtliche Highlight ist eine Burg, die wir heute nicht besuchten, nur von außen anschauten und mit der Drohne umflogen. Für uns ging es in die Stadt, die erste Stadt im einst unglücklichsten Land der Welt. Von Unglück war in den Gesichtern der Moldawier nichts zu sehen, es herrschte ein gelöstes Leben. Geld wurde gewechselt, die letzten rumänischen Lei in moldawische Lei umgetauscht und die ersten moldawischen Lebensmittel vertilgt.
Soroca ist aber noch viel mehr, es ist die Hauptstadt der Roma. In einem eigenen Viertel sieht man mal, was passiert, wenn Roma sesshaft werden. Es stehen viele riesige Villen im altrömischen Stil nebeneinander. Doch meistens wohnten die Familien in kleinen baufälligen Hütten davor, da die Häuser nie fertig geworden sind. Einer baute das Bolschoi-Theater nach, da das Geld nicht reichte schafften es nur 3 anstatt 4 Pferde aufs Dach. Neben ein paar Märchenschlössern versuchte einer auf der Grundlage der 50-Dollar-Note das Capitol nachzubauen. Ganz gelungen ist es nicht, die Kuppel glänzt mehr als Gold, doch nur von außen ist es fast fertig, für den kompletten Innenausbau fehlte das Geld.
Doch Vorsicht beim Besuch des „Capitols“, denn ein Bewohner wollte bei uns daraus Kapital schlagen. Er kam zu uns mit der Bewegung zwischen Daumen und Zeigefinger, dass wir eine Strafe von 50 Lei bezahlen müssten. Auch dieser Herr war ziemlich unangenehm, so dass wir nach einem Foto gingen.
Zwischenzeitlich hatten wir den Polwan noch vor eine schöne Holzkirche, wie in Mara Mures (ROU) umgeparkt. Der Parkplatz war perfekt, lag im Schatten, doch wussten wir, dass am nächsten Morgen etwa 110 km vor uns lagen, damit wäre der Vormittag gelaufen. Also setzten wir uns nochmal hinters Steuer und man mag es nicht glauben, hatten wir bis Orthei nahezu perfekte Straßen und eine traumhafte Landschaft zum Genießen. Uns erwartete ein Badesee mit Strandduschen, der Hauptgewinn für unsere vom heutigen Tag um 30 Grad schwitzigen und klebrigen Körper 😊.
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