Heute Kurt, ohne Helm und ohne Schuh – Patara (TUR-6o)
- Hardy
- 20. Nov. 2021
- 5 Min. Lesezeit
19.11.2021 – Gestern Abend sahen wir noch den mutigen SUP-Fahrer, der sich windgeschützt den Fluss hinauf machte und sein Board den gesamten Strand, im Wasser laufend, zurückzog … Wer sein Board liebt … Heute Morgen hatte der Sturm nachgelassen, aber die Temperaturen ließen zu Wünschen übrig. Der Plan war eh, das Board schnell einzuladen und zu starten. Wir hatten mal wieder zu etwas Lust, was wir so schon lange nicht mehr gemacht hatten.
Dafür fuhren wir 150 m vor den Eingang der Ausgrabungsstätte Patara – jetzt denkt ihr sicher: Ausgrabungsstätte – NEU? Ja, denn der Polwan blieb davor geparkt und für uns ging es nun in die Höhe. Heute hieß es, zieht an die Wandertöppen und rein ins Gelände. Schnell gewannen wir an Höhe und liefen parallel über dem Ausgrabungsgelände, sahen alles, was man sehen musste. In Patara kann man sich ein Theater, einen Tempel, einen Leuchtturm im Wiederaufbau und etliche Hausreste anschauen. Wenn man noch nicht so viele Ausgrabungsstätten besucht hat, ist sie sicher ein Highlight, wir sind sie langsam über und nehmen sie einfach mit. Vielleicht hatten wir doch mehr auf die Acient-Bauten geachtet, so dass wir einen Wegzweig verpassten. Nach einem Kilometer wieder auf dem richtigen Weg, ein Pfad, in dem Fall im Einstieg nicht markiert, musste man erstmal über ein Felsengrab. Im gesamten Aufstieg waren immer wieder Höhlen zu sehen, welche einst Felsengräber waren. Auf dem richtigen Weg begrüßten uns gleich zwei kläffende Hunde, sprechen wir doch mal mit ihnen, als ob es die besten Freunde wären und siehe da, schon liefen sie bei Fuß 😊.
Wir befanden uns mal wieder auf dem Lykischen Fernwanderweg zwischen Fehtiye und Antalya. Hier hatten wir für die Wanderer zwei Wege gefunden, die sich für uns prima als Schleife laufen ließen. Über ein erstes Gebirge und dann in steilen Serpentinen hinab in ein Dorf, vorbei am Strand und direkt durch einen idyllischen Olivenhain, Terrasse für Terrasse wieder hinauf. Momentan sind neben den Bananen und Granatäpfeln die Oliven reif. Überall sieht man die Menschen in den Bäumen stehen, Bäume rütteln oder mit Harken bearbeiten. Unter den Bäumen liegen Planen, die Oliven fallen hinein und werden einzeln aufgelesen und sortiert. Die Olivenernte ist hier eine Arbeit, die meist am Boden stattfindet. Solltet ihr gerade vor einem Glas Oliven sitzen, vielleicht wisst ihr sie nun mehr zu schätzen. Der Weg führte uns an zwei Inseln mit den klingenden Namen Snake- und Mouse-Island vorbei. In einer Bucht der Ort Kalkan, manchmal ist es verrückt, wem Orte, Ländereien oder Inseln mal gehören oder gehörten. In diesem Ort stehen fast nur Häuser von Briten.
Dem richtigen Abzweig folgend, führte uns der Weg in einem Aquädukt entlang des Berges. Dachten wir zwischenzeitlich Menschenstimmen zu hören, denn wir waren auf dem Weg heute alleine, war es nur ein Schäfer mit seiner Herde. Nach 4 kläffenden Hunden heute, hatte Sarah sich mit einem großen Stock nicht nur als Wanderhilfe, sondern auch zur Hundeabwehr bewaffnet. Meist reagieren die Hunde schon beim Anblick eines Stockes, spätestens wenn man ihn auf den Boden schlägt, zwingt es den angriffslustigsten Hund zurück. Anders als gedacht, blieb die Hälfte der Schafsherde vor Sarah in einem schmalen Gang stehen und wich verängstigt zurück. Nur ein Durchwinken und ein Rufen des Hirten ließ ein erstes Schaf ganz langsam heranschleichen und dann vorbeisprinten, der Rest der Herde tat es ihr nach. Die Angst vor dem Stock 😊. Rot-weiß markiert führte uns der Weg durch stacheliges Gelände, der Wegewart kann da durchaus mal mit seiner Gartenschere ausrücken. Die Hunde trafen wir nicht wieder an, dafür zwei Wanderinnen, die wahrlich den Lykischen Wanderweg liefen. Er ist aus unserer Sicht empfehlenswert, 500 km, die laut Wanderführer in 28 Etappen laufbar sind. Wir liefen heute etwa 23 km und 600 hm.
Hinein in den Polwan, wenden und Abfahrt. Zufälligerweise kamen auch gerade die Leedser hinter uns. Der Weg, nur durch ein Eis unterbrochen, führte uns nach Xanthos. Xanthos bildete einst die antike Hauptstadt Lykiens und ist heute Weltkulturerbe der Unesco. Auch hier gingen wir nur mal auf eine Stippvisite vorbei. Schon vor dem Ticketschalter konnte man in eines der besterhaltenen antiken Theater hineinschauen, einen kleinen Park mit geretteten Steinen anschauen und am Wahrzeichen, den bekannten zwei Türmen vorbeigehen. Den Eintritt und die Zeit sparten wir uns für einen nächsten Roadtrip in die Türkei.
Mittlerweile haben wir eine echte Vorliebe für Meeresstellplätze, auch weil es hier meist deutlich wärmer als im Gebirge ist. Doch ein spontan getroffener Busfahrer bestätigte uns während der Wanderung das nächste Ziel als Highlight. Unser Oldschool-Europa-Atlas markiert es mit einem grünen Sternchen – den Saklikent-Canyon. Kurz davor auf einem Damm neben dem Fluss unseren Stellplatz bezogen, versuchten wir einen Besuch noch vor 17:00. Erfolgreich kamen wir für 10 TL p.P. (1€) hinein. Gleich am Eingang wurde man mit einem Helm ala Bob der Baumeister ausgestattet. Ein Stegweg führte die ersten 200m in die Schlucht hinein, tosendes hellblaues Wasser drang heraus. Teilweise kam es aus der unteren Felsenkante einfach hervor, ohne dass eine Quelle ausmachbar war. An einem Verkaufsstand verkaufen sie durchsichtige Gummischuhe für 30 TL, nicht umsonst, wie wir herausfinden sollten. Die erste Flussfurtung war notwendig, ein Seil war dafür über den Fluss gespannt, doch genau an der tiefsten Stell des Flusses. In Shorts sicher möglich … aber was machen hier die betuchten türkischen Mädels --- in Shorts?
Ein besserer, flacherer, aber auch strömungslastigerer Weg war schnell gefunden, die Helme abgelegt und die Schuhe ausgezogen. Nach dem Fluss ging es immer tiefer in die Schlucht, sie kann nur bei optimalem und niedrigem Wasserstand besucht werden. Ist der Wasserstand zu hoch, droht Lebensgefahr, da man gegen die Strömung keine Chance hätte. Heute war die Strömung überschaubar, nur an Übergängen musste man aufpassen. Zum Verhängnis wird dem Besucher die Eigenschaft des Wassers, sich in Kurven immer die Außenkurve auszuwählen. Man stapft also ständig bei kneippschen Wassertemperaturen durch das steinige Bachbett. Dabei ist man vor spitzen Steinen nie gefeit. Die Flussschuhe machen also wirklich Sinn, einfache Sandalen, Latschen etc. tun es auch, wir legen euch diese Empfehlung ans Herz. Die Schlucht endet an einem Wasserfall, sicher kann man noch weiter hinein, im Sommer sollte das Wasser auch noch etwas wärmer sein. Wir beließen es nach etwa 2 km dabei und traten den Rückweg an. Die ausgespülten und ausgewaschenen Felswände sind eine Wonne, auch wie tief sich der Fluss auch in das Gebirge gespült hat. Bei Flut kann er sehr schnell ansteigen. Wir sahen heute einige hängengebliebene Baumäste etwa 5-10 m über uns. Leider haben Schluchten einen Nachteil, besucht man sie, stehlen sie einem fast den Atem, man versucht es auf den Bildern festzuhalten. Schaut man sie danach an, denken wir immer, warum kommt es einfach nicht so herüber, wie wir es erlebt haben. Leider haben Kameras meist mit den verschiedenen Lichtverhältnissen arge Probleme, was ihnen vor allem fehlt ist trotz Weitwinkel der menschliche Blick des Moments. Wir können euch die Schlucht unbedingt empfehlen, vergesst eure Wasserschuhe oder Latschen nicht, sonst seid ihr wie wir ein Kurt – ohne Helm und Schuhe 😊
Zurück am Polwan hatte sich die hiesige Hundegang versammelt, sie verteidigten ihr Revier. Ein Hund kam bellend, aber so unterwürfig an, schlenkerte mit seinem ganzen Körper und Kopf so, als ob er betrunken wäre. Wir haben auf unserer Reise nun schon massig Hunde gesehen, aber diesen einzuschätzen, war schwierig. Als er sich hinlegte und die Pfote hob, war alles klar – wir sind Chef.
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