Im alten Bulgarien von 1837 – Koprivshtitsa (BUL)
- Hardy
- 27. Mai 2021
- 4 Min. Lesezeit
27.05.2021 – Es weckte uns ein immer wiederkehrendes Klopfen an der Scheibe, komisch, leicht nervig und wir wussten nicht, was es ist. Erst der Gang nach vorne zeigte, dass es ein kleiner schwarz-weißer Piepmatz war, der sich wohl in sein Spiegelbild in unserer getönten Seitenscheibe verliebt hatte und es umgarnen wollte. Selbst nach einer Stunde ließ er nicht locker, doch nach unserem kurzen Besuch an der Basilika musste er Abschied nehmen, denn wir fuhren und mit uns wohl seine große Liebe.
Etwa 20 km später setzten wir den Blinker rechts, suchten einen guten Parkplatz an einer kleinen Kirche mit Wasserstelle und holten die Räder vom Träger. Entlang des Gebirges ging es in ein ganz traditionelles bulgarisches Dorf dieser Region. Erst auf dem Weg zeigte sich, wie sehr das Unwetter gewütet hatte. Wir parkten gestern sicherheitshalber nochmal um, doch blitzte es bei uns nur die ganze Nacht. Auf unserem Radweg sammelte sich über die ganze Nacht Sediment, Sand, welches mit dem Wasser aus den Bergen auf die Straße gespült wurde. Auch der uns begleitende Bach war sandbraun und deutlich angeschwollen, wobei schon 50 cm zum Höchststand gesunken. Im Dorf Koprivshtitsa waren die Aufräumarbeiten im vollen Gange. Frauen kehrten den Schlamm und Sand mit Hacken von der Straße und fegten ihn zu Haufen, die von einem Transporter abgeholt worden.
Doch warum sind wir in das Dorf gefahren? Es wurde uns mehrfach empfohlen, da hier viele traditionelle und bunt bemalte Häuser stehen. Wobei die Dorfbewohner waren wohl schon vor über 180 Jahren Trendsetter, denn gebaut wurde im Stadtvillastil mit Flachdächern. Die Gassen laden förmlich ein, die Häuser zu betrachten, wobei jedes etwas anders aussieht. Durch hölzerne Tore kann man auf die Grundstücke sehen und sogar gehen. Einige Häuser, von der früheren Obrigkeit sind über einen Rundweg verbunden und laden zum Staunen ein. Sie sind in der Regel herrlich restauriert und für 4 lv zu besichtigen. Entscheidet man sich dazu, ein Kombiticket zu nutzen, kostet dieses 10 lv für 6 Häuser … hier heißen sie im Übrigen Museen. Die Anlagen sind sehr gepflegt, man wird staunen, wie gehoben die Herren, deren Büsten stets im Garten stehen schon damals gelebt haben. Haben wir auf der Hinfahrt noch ein Wettrennen mit einer Wolke bestritten, welches wir nicht gewinnen wollten, da die Regenwolke über uns nach vorn zog, klarte der Himmel zur Hälfte unseres Besuches voll auf. Der Besuch lohnt sich. Die Radfahrt von 12 km läuft entlang der Landstraße und hinwärts meist bergauf.
Zurück am Polwan kamen die Räder wieder auf den Träger und das nächste Ziel war schon im Kopf. Auf dem Weg erwarteten uns die ersten Rosenfelder. Es ging nach Sopot, hier sollte auch unser Stellplatz sein. Doch vorher besichtigten wir noch die Stadt. Es ist erstaunlich, wie sehr hier, in Bulgarien der Alltag vorherrscht. Die Kinder kommen alle aus der Schule, steigen in die Schulbusse ein, sitzen zusammen. Wir freuen uns einfach über das erste Land, in dem normales Leben auch mit Corona herrscht. Nach einer ortsüblichen Stärkung, Blätterteigtasche gefüllt mit Schafskäse entpuppte sich der Ort langsam. Wenn jemand mal in Sopot sein sollte, schaut euch unbedingt das Kloster an, es liegt an den großen Steinbuchstaben … man kann sie kaum verfehlen. Der Klostergarten und die Wohnbereiche sind niedlich angelegt, die Kirche wird über einen Holzverschlag, der eher wie ein Schuppen oder Stall wirkt, betreten. Doch dann entdeckt man eine tolle und vor allem freundliche Kirche in weiß-blauer Innenfarbe. So ganz konnten wir die großen Buchstaben über der Stadt nicht entziffern. Da unsere kleine Digicam zur Garantiereparatur nach Deutschland muss, organisierten wir uns in einem Drogeriemarkt noch einen Wellkarton. Die Dame verstand kein Englisch, Googleübersetzer beantwortete sie nur Bulgarisch, doch wir kamen an unser Ziel. Wir waren vorgewarnt, dass ab Sofia kaum noch jemand Englisch spricht.
Etwa einen Kilometer weiter bergauf landeten wir sprichwörtlich an unserem Stellplatz an, denn es ist ein Landeplatz für Paragleiter, Grüße damit verbunden an Jens. Hier gibt es einen Sessellift, um auf den 1000 hm höher liegenden Berg zu kommen, ein kleines Schwimmbad und WIFI. Doch wir zogen die Wanderschuhe nochmal an und machten uns zum 30 min entfernten Wasserfall auf. Eine lockere leicht ansteigende Wanderung führte uns zum etwa 15 m hohen und in zwei Kaskaden fallenden Sopotski Wodopad. Der viele Regen, hatte auch hier die Wanderwege ausgespült, ließ den Wasserfall mächtiger erscheinen und den Bach über die kleinen Brücken spülen.
Vor dem Besuch des hiesigen Klosters sammelten wir noch Holunderblüten, um aus ihnen Holunderblütengelee zu machen, denn das letzte Glas griechische Orangenmarmelade neigt sich dem Ende. Den nebenstehenden Sanitärtrakt, wir haben heute richtigen Luxus, nutzten wir, um mal alle Schuhe richtig zu putzen, auch der Polwan war mal wieder dran. Übrigens haben wir den Polwan gecleant, alle geklebten Schriftzüge sind entfernt, um noch weniger als Camper aufzufallen.
Für die Interessierten der Reiseroute haben wir das WIFI heute genutzt, um unseren Polarsteps-Account zu bearbeiten. Wer also an der Route interessiert ist, kann sich die App im Google Playstore kostenfrei herunterladen und uns unter HS lifeonroad verfolgen.
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