Kalter Krieg im Bunker – Tirana (ALB-7)
- Hardy
- 24. Jan. 2022
- 4 Min. Lesezeit
23.01.2022 – Der Stellplatz, ein schnöder Parkplatz neben einer Straße, die Adresse zum Baron. Heute Nacht waren etwa -7 °C vorausgesagt. Im Jahr 2020 hatten wir geplant, den „Peaks oft the Balkans“ zu laufen, ein Wanderweg, der durch die Länder Albanien, Kosovo und Montenegro führt. Die Flüge waren gebucht, der Weg geplant und zum Abschluss 3 Tage Hotel. Leidgeplagt durch Corona fiel es dann ins Wasser und so nahmen wir es heute zum Anlass, aufgeschobenes nicht aufzuheben. Das Zimmer spontan gebucht, eingecheckt, Sachen mit herausgenommen und erstmal so richtig auf dem Bett ausgestreckt. Ein paar Minuten Biathlon, doch die Sonne war noch draußen, der Nachmittag noch nicht so weit und so ging es nochmal raus. Tirana hat einen sehr großen Stadtpark mit einem See, auf dem Weg dorthin besuchten wir noch die Statue „Mother of Albania“, die von ihrem Standpunkt über die Stadt und allgemein über das Land wacht. Der Stadtpark ist wirklich weitläufig und definitiv einen Besuch wert. Vom Bäcker ausgestattet, war das Abendbrot ein Klacks und mal wieder einfach das Wasser über den Kopf laufen lassen, etwas Sinnlos-TV schauen, abschalten, genießen.
Ein ausgezeichnetes Frühstück … da hatten wir schon Erwartungen, doch als wir ins Restaurant kamen, kein Büfett, nichts gedeckt … na klar, außer uns war nur noch 1 Zimmer belegt. So bekamen wir alles gebracht, was ich persönlich überhaupt nicht mag und lieber vom Büfett greife. Satt wurden wir trotzdem und damit rein in die Hauptstadt. Der Stadtpark hatte es uns angetan, an einem Sonntagmorgen bei kaltem, aber bestem Wetter waren die Tiraner zahlreich unterwegs. Mehr Kilometer als gedacht, doch völlig entspannt ging es hinein und siehe da, die Stadt war gegenüber dem Stadtpark total verschlafen. Vorbei am Nationalstadion, welches in seiner Architektur eher einem Bürogebäude ähnelt gibt es in Tirana eine große Moschee und zwei Kirchen im Stadtkern. Der Hauptplatz zeigt eine fast 50-jährige Statue des Befreiers Albanien Skanderberg, das historische Landesmuseum steht auch hier am Platz neben der Oper. Die Sehenswürdigkeiten sind relativ zentral und können fußläufig besucht werden. Eine richtige Altstadt vermissten wir. Noch vor ein paar Tagen war von großen Aufständen berichtet worden, doch alles war absolut friedlich. Zwei Uhrentürme und einige neue Hochhäuser gestalten den Stadtkern ziemlich schön. All unsere Versuche, außerhalb des Stadtkerns etwas Schönes zu finden, verliefen im Sande.
Schneller als gedacht, gingen wir ins BunkART-Museum. Von den vielen Bunkern hatten wir berichtet und wollten uns damit nun mehr auseinandersetzen. Die Möglichkeit, mit einem Kombiticket auch das BunkART1 zu besuchen, klang hervorragend. Problem, dieses hat nur heute und dann ab Mittwoch wieder auf. Der Blick auf die Uhr, bis 16 Uhr … zu Fuß keine Chance. Die Dame empfahl und den örtlichen Bus. Eine abenteuerliche Suche nach dem blauen Bus. The blue Line. Durch Zufall fanden wir sie schneller als gedacht, da gerade ein Bus kam und hinein in die Öffis. Ist es öberhaupt der richtige Bus, die richtige Richtung. Mit einem Einheimischen, der sich auch für die nächsten Tage als Guide anbot, kamen wir ins Gespräch … alles richtig. Es gibt keine Ticket- oder Stempelautomaten. Während der Fahrt kommt ein Ticketverkäufer und nimmt einem 40 Lek pro Fahrt ab, umgerechnet etwa 35 Cent. Eine günstige Alternative, um sich viele Kilometer per Pedes zu sparen und nur 15 min zu fahren.
Die Bunker kosten einzeln 500 Lek p.P. (4,10 €) im Kombiticket 800 Lek p.P. (6,80 €). In den Bunkern erfährt man fast alles über die albanische Geschichte ab 1912 bis zur heutigen Zeit. Albanien erreichte seine Unabhängigkeit 1912, seitdem auch bei unveränderten Grenzen. Im Bunker 1 gibt es auf 5 Ebenen 106 Räume, von denen nicht alle zu besichtigen sind, aber die offenen haben auf jeden Fall einen riesigen Informationsgehalt. Ein bisschen Luxus durfte für die obere Führung nicht fehlen, auch ein Kino mit Einkaufsladen und Mensa sind untertage. Übrigens kam man auf die Idee des Bunkerbaus nach einem Besuch von Nordkorea und ihren Vorbildern. Die Technik im Bunker stellten auch vor 50 Jahren größtenteils die Chinesen bereit. Geplant war die Anschaffung von ca. 220.000 Bunkern, gute 170.000 wurden realisiert. Allerdings muss man dazu sagen, dass der überwiegende Teil zu den 1-Mann- & Klein-Bunkern zählt, wie sie schon ab und zu in den Blogs zu sehen waren.
Bunker 1 besucht, im Bunker 2 angekommen, erkannte uns die Kassiererin schnell wieder und rein in den Bunker. Hier fand eine thematische Durchmischung statt, die bei dem extremen Informationsgehalt in ausschließlich englischer Sprache ziemlich anstrengend war. Thematisch reichte es von der Geschichte Albaniens, über die Entwicklung der Polizei, Sportbewegungen, Versuchs- und Arbeitslager bis zu Kunst im Bunker. Als wir die Bunker verließen, folgte ein kurzes Durchschnaufen, heute war der informative Teil wirklich sensationell spannend, aber auch zehrend. Mittlerweile dunkel, einige Häuser ganz schön beleuchtet, musste erstmal Nervennahrung her. Deutsche Schokolade … genießt jedes Stück, das ihr esst, denn es ist eine der besten auf der Reise.
Viele Kilometer per Pedes, die Erfahrung der Großstadtöffis, Begegnungen mit einigen der gut 400.000 Einwohner und morgen geht es nochmal hinein in die Stadt, aber auch wohl mehr in die Natur, wir freuen uns schon. Bis dahin schlafen wir warm, das wird sich wohl morgen schon ändern.
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