Kuhfladen im Heiligtum – Iasos (TUR-74)
- Hardy
- 4. Dez. 2021
- 3 Min. Lesezeit
03.12.2021 – In manchen Ländern sucht man sich Stellplätze nach der Lage zur Stadt, zum Wasser oder mit dem Solarpanel zur Sonne aus, in der Türkei sollte man doch ab und zu auf die Entfernung des Minaretts achten. Gefühlt in der Heckgarage kam der Muezzin eine Stunde vor Sonnenaufgang zur Hochform auf. Für uns völlig neu - eine zweite Beglückung gegen 9:00, hier sang er nicht nur, sagte für die Dorfbewohner von Kiyikislaciak und uns sogar eine Art Gedicht auf.
Ich vernahm es vom Wasser, Sarah saß ja förmlich beim Muezzin auf dem Schoß. Eher durch Zufall befand sich auf der Landzunge unseres Stellplatzes die Ausgrabungsstätte Iasos. Könnt ihr euch noch an die geflutete Kirche in Bulgarien erinnern, ähnliches dachte ich auch im Hafenausgang entdeckt zu haben. Ein eckig gemauertes Gebäude, halb erhalten und restauriert stand im Wasser, nur einzelne Steine deuteten auf eine einst vorhandene Brücke hin. Es stellte sich als Wachturm heraus. Vom Wasser konnte man dieses Mal ziemlich gut entdecken, alte Kirchenbauten oder Gutshäuser, von dem eines nur noch ein Kuhstall war, vom anderen standen nur noch 3 Seitenwände. Auch Bauruinen eines großen unfertigen Hotels und einer gesamten Siedlung waren zu sehen.
Vom Wasser bereits ausgekundschaftet machten wir uns auf dem Landweg in die Ausgrabungsstätte. Ein Schild am Nebeneingang wies nicht nur auf jegliche Art von verbotenen Feuern, sondern vor allem auf das Vorhandensein von Skorpionen und Schlangen hin. Bei begrastem feuchtem Untergrund genehmigt man sich da doch öfter mal einen Blick nach unten. Wir konnten nur freilaufende übergroße Kühe entdecken, die uns gespannt beobachteten. Neben einer weiteren Kirche, einem Wohnhaus fanden wir ein überdachtes Mosaikhaus, bei dem die Mosaike frei lagen. Zu unserer Überraschung konnte man auf den Mauern der Akropolis laufen, wohl nicht unbedingt erlaubt, aber möglich 😊 Mehr durch Zufall fanden wir noch eine Wohnsiedlung und die Hanglage eines Theaters, mit etwas notwendiger Fantasie. Da wir uns durch den Hintereingang geschlichen hatten, wählten wir einen Ausweg, den ich schon gestern Abend zum Gipfel der Halbinsel nutzte. Wir wollten doch nicht unnötig Eintritt zahlen …
Ein kleiner Dorfrundgang, 2021 hatten sich einige mit Pinsel und Farbe bewaffnet und fertigten verschiedene Wandbilder rund um den Hafen an. Von Blumen, über einen Walreiter bis hin zum nachgeahmten Picasso war alles dabei. Eine schöne Idee. Wir schauten nochmal vorn an der Ausgrabungsstätte vorbei, es war kein Eintritt angeschlagen, also hinein und noch zur Agora mit Säulengang und dem kleinen Theater. Sarah hatte sich zwischenzeitlich Ahmet mit Silberblick angelacht. Er folgte ihr auf Schritt und Tritt. Am Eingang nutzte der hiesige Bauer Acient als Futtertröge oder Liegeplätze für seine Kühe – eine riesige Sorte. Diese Sorte rennt wohl auch regelmäßig in der Ausgrabungsstätte herum, bei den Hinterlassenschaften von frischen Kuhfladen sind es nicht die cleversten Einbrecher. Apropos clever, wisst ihr eigentlich, warum in Schafsherden ohne Hirten immer Ziegen mitlaufen? Die Schafe sind so intelligenzschwach, dass sie den Weg nicht alleine nach Hause finden würden. Ziegen schaffen das.
Noch schnell den Wassertank etwas gefüllt, freuten sich unsere türkischen Nachbarn, dass wir zum Abschied noch mal wanken. Sie wanken heute Morgen schon mit einer Hand zu, als ich mit dem Board wieder kam. Am liebsten wohl auch mit der zweiten Hand, doch da wäre wohl die Marmelade vom Brot gefallen. Je offener ihr zu den Türken seid, desto freundlicher sind sie. Die Bevölkerung ist im Allgemeinen sehr herzlich und hilfsbereit … wir würden davon gerne einige Scheiben mit nach Deutschland nehmen.
Nach etlichem Rumpelasphalt gönnte uns der Weg mal wieder eine große gut asphaltierte Bundesstraße. Der Weg nach Hause wird immer deutlicher, die Sanduhr läuft gnadenlos. Vorbei am großen Bafa-See schlugen wir nochmal nach links ab. In der Nähe von Didim schlugen wir Quartier. Es war schließlich ab 15:00 durchgängiger Regen angesagt. Die Zeit bis dahin … nutzen. Rauf auf´s Rad, zwischenzeitlich verpassten wir eine Post, die Dame öffnete, verwies aber auf ihre vor 5 Minuten begonnene Mittagspause. 55 min warten … nö. Also weiterfahren, hier also der zweite Versuch, unser Weihnachtpaket für die Familie soll doch pünktlich ankommen. Doch der Postbeamte enttäuschte uns, derzeit dürfen keine Pakete aus der Türkei nach Deutschland befördert werden – staatl. Coronaverordnung. Dann war es das wohl mit Geschenken für die Heimatler. ☹
Den Rest des Tages hieß es Regen und Wind satt, wir erwischten ihn auch noch mit dem Rad, er kam eine Stunde zu früh – ein Sauhund. Doch wie ihr uns kennt, haben wir auch im Bus genug zu tun, dass keine Langeweile aufkommt. Im Notfall kann man immernoch Blog schreiben und Bilder aussuchen …
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