Mit dem MTB über die Grenzen – Trebinje (BIH-1)
- Hardy
- 31. Jan. 2022
- 4 Min. Lesezeit
30.01.2022 – Wo ging es denn gestern nun eigentlich hin, das Land wird kurz mit HR, lang Hravaska in der Landessprache genannt und wir nennen es Kroatien. Das erste Mal wurden unsere Impfzertifikate gescannt. Ein ernster Blick auf die Ergebnisse des Monitors, die Einreiseverordnung Kroatien besagt, es ist ein EU-Impfzertifikat gegen Covid notwendig. Welcher Impfstoff und wie alt die Impfung bereits ist, ist uninteressant. In den Van wollte niemand schauen, mit einem kurzen „Good Bye“ verabschiedete man uns. Entspannte 20 km bis zum Stellplatz, das Schöne an der Nebensaison ist eben auch in Kroatien, dass wir direkt an der Promenade parken können und es niemanden stört.
Das morgendliche Paddelwetter schrie förmlich danach, das Board aufzupusten und die vorgelagerten Inseln und benachbarten Halbinseln zu erkunden, doch heute hatten wir etwas anderes vor. Den Polwan gestartet, jeden Morgen erwachte er bis jetzt aus seinem nächtlichen Schlummerschlaf, auch heute wieder. Nach nur 8 km fanden wir einen schönen und perfekt gelegen Parkplatz direkt an einer Zubringerstraße. Die Räder runter vom Träger, heute sollen sie nicht nur in einem der vielen neuen Länder fahren, sondern länderübergreifend aktiv werden. Nur 5 km entfernt liegt die kroatisch-bosnische Grenze in Ivanica. Etwas komisch ist es schon, mit dem Radel an eine Autogrenze mit Schranke zu fahren. Der Kroate entließ uns schnell, nett von ihm, dass er extra die Schranke öffnete, obwohl wir ganz locker die 3 Meter drumherum hätten fahren können. 😊 Der Bosnier gab uns die Impfnachweise ungesehen gleich zurück und schlug den Einreisestempel ein. Herzlich Willkommen in Bosnien Herzegowina.
Was hatten wir vor, man könnte denken, noch schnell ein Land dazu erhascht, um mit mehr Ländern protzen zu können. Doch nein, in unserem Lonely Planet haben wir über ein Kloster in der Nähe von Tribinje gelesen und den kurzen Weg gesehen. Da bot es sich einfach an und war nach langer Zeit mal wieder eine Einladung zu einer richtigen Radtour. Eine schöne Runde kreiert, der „Biciklisticka staza Ciro“, ein Radthemenweg auf einer alten Eisenbahnstrecke führte uns zuerst an alten Eisenbahngebäuden vorbei und in die Berge des Balkans hinein. Die schroffe und karge Winterlandschaft war eine willkommene Abwechslung gegenüber der stark bebauten Küstenlinie. Die Einsamkeit über Kilometer nur unterbrochen von einer Handvoll Autos, zeigte die Folgen der Kriege im Balkan. Ganze Bereiche waren mit Flatterband und Hinweisschildern wegen Verminung abgesperrt, Häuser durch Angriffe zerstört und graue unauffällige Steinhügel entpuppten sich durch schmale Öffnungen als Bunker. Die Wege waren seitlich so bewachsen, dass nur dieser Weg möglich war, welcher Angreifer förmlich auf den Bunker zuleitete. Mit viel Glück können wir heute sagen, dass diese Zeiten vorbei sind. Eine Anwohnerin wank uns auf ihrem Gassigang schon von Weitem zu, ein freundlicher Empfang. Vertrauten wir doch dem Hinweis zu einem Kloster, ohne genau auf den Namen zu schauen, standen wir am völlig falschen Ziel. So ist es manchmal, also das Ziel wieder neue eingeben, der Blick auf´s Tablet. Neu ausgerichtet fuhren wir über eine Schotterhauptstraße, die mitten im Nirgendwo 1,5 km asphaltiert und nach einem Kreisverkehr wieder im Schotter endete.
Kurz vor unserem Ziel noch vorbei an einem herrschaftlichen Palast, da hatte jemand groß gebaut und hinein durch den Hintereingang auf das Gelände. Auch für unsere Attraktion hatten wir wohl den Hintereingang erwischt, wir fragten noch, ob wir von hieraus besichtigen könnten, ein Kopfnicken und dann waren wir drin. Nur kurz später kam eine Person, die uns des Platzes verwies, wir wären im privaten Bereich und außerdem nicht passend gekleidet. Wir sollten unsere Räder nehmen und den Vordereingang wählen. Dies taten wir, wir besuchten das Kloster Tvrdoš. Lonely Planet schreibt dazu: „Zwischen Weinreben, Bienenstöcken und Obstbäumen steht 6 km westlich von Tribinje dieses Kloster. Das für seinen Wein bekannt ist, der als der beste der Herzegowina gilt und am Tor verkauft wird. Für bosnische Serben ist es jedoch vor allem ein Ort von höchster religiöser Bedeutung. Hier wurde der heilige Basilius zum Mönch. Wer will, kann sich durch die Anlage führen lassen. Das Kloster entstand um eine römische Kirche im 4. Jh. und war im 16 Jh. der Sitz des Metropols (orthodoxer Erzbischof). Die Kirche mit Glockenturm ist voller Ikonen und Wandmalereien, die teilweise Reste der Bemalung von 1517 enthalten.“
Gesagt getan, wir fuhren zum Haupteingang, da gab es in einem Kloster auch gar keine Diskussion. Wieder im Gelände angekommen, empfing uns der Mönch schon und bat nochmals um Entschuldigung. Für uns war das überhaupt nicht schlimm, wir respektieren die Privatsphäre, wissen die Offenheit der Klöster nach unserer Reise sehr zu schätzen, ihm war es trotzdem sehr unangenehm. Sehr herzlich führte er uns durch das Gelände, die Kirche, erklärte uns die Geschichte, zeigte uns die Reliquien und die Freskenfundstücke der einst zerstörten Kirche von 1517 „The crying Jesus“. Auch Reliquien eines Besuchs des hiesigen Bischofs bei einem Kirchentag in Alaska sind ausgestellt. Als er erfuhr, dass wir aus Deutschland kommen und extra von der kroatischen Küste mit dem Radel das Kloster als Ziel gesetzt hatten, war der Bann gänzlich gebrochen. Wir verfielen in ein angenehmes Gespräch. Nach der Verabschiedung kam er uns mit einem Schlüssel hinterhergelaufen und wollte uns noch den Weinkeller aus dem 16. Jh. zeigen. Ein alter Gewölbekeller mit 6 riesigen Fässern, das Weingut produziert jedes Jahr 0,5 Million Liter Wein, weiß, rot, süß und trocken. Auf dem letzten Weinfestival in London errang ihr Wein die Goldmedaille, worauf sie sehr stolz sind. Wir waren die einzigen, die diese Aufmerksamkeit bekamen, manchmal lohnt es sich doch, nicht die geraden Wege zu gehen. Das Kloster selbst ist sehr sehenswert und unterscheidet sich durch seine Bauten, wie einem Wohnhaus, welches als Form einem Engel gleicht oder dem Eingangstor, welches eher wie eine Burg wirkt. Der kleine Abstecher ins Nachbarland hatte sich definitiv gelohnt.
Der Weg zurück verlief entspannt, die Aus- und Einreise war mit der Stempelei schnell erledigt und wir freuten uns auf eine Abfahrt von 400 hm. Am Van angekommen waren 50 km und 700 hm geschafft. Eigentlich ein Grund, den Tag ausklingen zu lassen, doch die Wettervorhersage für morgen scheint nicht gut zu sein, warum wir Dubrovnik noch anschlossen, doch zu morgen mehr.
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