top of page

Olympia in der Türkei? – Erzurum (TÜR-4)

  • Hardy
  • 17. Sept. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

15.09.2021 - Die militärische Notrufnummer, die wir gestern noch bei unserer abendlichen Militärkontrolle und Strammstehen vor dem Polwan erhalten hatten, brauchten wir diese Nacht wie erwartet nicht. Dank niedrigerer Temperaturen war das Schlafen ein Genuss und heute früh schauten wir aus den Heckfenstern in den Sonnenaufgang hinein. Ich muss immer ein bisschen lachen, wenn Vanlife-Blogger oder -Instagramer zeigen, dass sie bei offenen Türen einschlafen, stets das Meer vor der Tür haben und immer mit Sonnenaufgang aufwachen. Liebe Follower, Vanlife ist zwar echt schön und bringt viele Freiheiten mit, aber der Schein, den manche so aufbauen, trügt 😊.

Unser Stellplatz enthielt die Beschreibung: „Die Straße endet im See.“ So war es auch, die ehemalige Landstraße wurde wieder mal Opfer eines Wasserreservoirs, lief auf dem Grund des Sees weiter und kam auf der anderen Seite wieder heraus. Grund genug, mal auf dieser Straße unter Wasser zu paddeln. Ein kleiner Spaß.

Wieder back on Road hieß es erst ein paar Kilometer zurück und dann weiter in Fahrtrichtung. Ein Zwischenstopp an einer Moschee des braun gekennzeichneten Ortes Ilicalar erwies sich als unnötig und Kaplicalar ließen wir gleich ganz aus. Wir wollten eigentlich mal wieder wandern gehen, dafür entpuppte sich ein Wasserfall als Ziel. Doch beim Anblick der steilen Eingangspassage, die wir hätten fahren müssen, cancelten wir auch diesen Trip. Wofür es gut war, klärt sich später.

Heute verließen wir die Region Kurdistan, zwei letzte Checkpoints, am vorletzten wurden wir mangels Englischkenntnissen nach kurzem Stand durchgewunken. Am letzten sang uns der Polizist förmlich ein Ständchen, dass er zwar kein Englisch verstehe, Kommunikation aber trotzdem kein Problem sei und wünschte uns eine gute Reise. Wer also einmal in den türkischen Bereich Kurdistans reisen möchte, stellt sich auf Checkpoints, Panzer und Maschinengewehre ein, aber es ist alles safe und problemlos.

Heute lasen wir erst über ein thüringer Pärchen, die wir auf unserer Reise mehrfach trafen, dass sie in den kurdisch autonomen Bereich des Iraks eingereist sind. Kann man machen, ist auch sicher, muss man aber nicht. Für uns war immer von Bedeutung, dass wir sicher zurückkommen, falls mal etwas ist. An unsere Eltern – Ihr könnt jetzt aufatmen und wieder ruhig schlafen, den gefährlichen Teil haben wir nun hinter uns 😊.

Nach 180 km kamen wir über eine Bergkuppe und glaubten unseren Augen nicht. Bei etwa 30 Grad stand vor uns eine Skisprunganlage mit 5 Schanzen. Der Blinker kam sofort bei der nächsten Ausfahrt, das mussten wir uns ansehen. Die Anlage war mit olympischen Ringen versehen, doch die Türkei hatte noch nie olympische Winterspiele. An einem gegenüberliegenden Gebäude, es war das olympische Dorf erhielten wir die Antwort. 2011 fanden hier die universitären olympischen Spiele im Skispringen, Skifahren, Eishockey, Shorttrack & Curling statt. Skipisten sahen wir bisher jede Menge, aber Schanzen noch nicht. Ein schöner Zufall.

Wir parkten den Polwan noch etwas weiter in der Stadt und waren in der 500.000 Einwohnerstadt Erzurum. Besucht man die Stadt, glaubt man in der Innenstadt einer Kleinstadt zu sein. Kein Stress, kein Menschengewusel, einfach eine angenehme Atmosphäre. Wir gönnten uns die ersten türkischen Dürüms und erkundeten die Stadt. Zuerst besuchten wir zwei Medresen (Eintritt p.P. 1,25€), sie waren früher die Koranschulen, in denen Gelehrte ihr Wissen kostenlos weitergaben. Anbei kann man hier auch einiges über das damalige Leben erfahren. Beide Metresen waren stark beschädigt und authentisch renoviert worden. Der Besuch der Doppelminarettmetrese lohnt sich mehr. Das restaurierte Kalesi prägt einen völlig umgestalteten Stadtplatz. Drumherum ein schön angelegter Park mit neuen Häusern im traditionellen Stil. Nach den letzten türkischen Städten mit Abstand das schönste, was wir bisher gesehen hatten. An einer Grabstätte wurden wir von einem Kurden angesprochen, er lebte 5 Jahre als politischer Flüchtling in Remagen … wurde danach wieder ausgewiesen. Ein kritischer politischer Austausch … Vorsicht! Er bestätigte uns aber auch, dass der Tourismus seit der Pandemie fast gänzlich zum Erliegen gekommen sei.

Ein quadratisches Gebäude mit Innenhof und vielen Türmchen lockte unseren Blick von oben, dann mal hinein. Es entpuppte sich als Gang mit Unmengen an Juweliergeschäften. Und durch den Gang gingen zwei Männer mit vollen Tabletts von Chai … den sie lautstark ankündigten. Wir vermuten, die Händler haben ein Chai-Monatsabo. Bezahlen mussten sie nichts. Auf der Suche nach unserem nächsten Spot sprach uns ein weiterer türkischer Passant an, ob er uns helfen könne. Es stellte sich heraus, dass er aus Duisburg kam. Hannah & Tommy: Der schönste Platz in Duisburg? Da waren wir auch schon auf unserer gemeinsamen Radtour. Ich denke, die Antwort kommt wie aus der Pistole. Nach dem Kauf von ein paar weiteren Weihnachtsgeschenken ging es wieder in den Polwan. 98 km – Navi an und los …

Die Türkei entpuppt sich für uns als richtiges Fahrland, so viele Kilometer haben wir in noch keinem anderen Land der Reise absolviert, doch die Spots liegen sehr weit auseinander. Es lohnt auch nicht, das Rad auszupacken oder mit Macht eine Wanderung zu kreieren, denn man sieht schon fast alles, wenn man in die Landschaft schaut. Diese Landschaft ist atemberaubend und jede Fahrt über viele Kilometer einfach ein Highlight. Manchmal fragen wir uns, ob wir verrückt sind, weil der Mund nicht sperrangelweit offen ist. Die Berge zeigen sich in roten, grauen, grünen, gelben, braunen Gesteinsfarben, mischen sich in verschiedenen Schichten und immer wieder sind wir baff über den Anblick.

Es war schon so gut wie dunkel, wir fuhren in den Sonnenuntergang hinein und kommen heute Nacht wohl auf untere einstellige Temperaturwerte, denn wir stehen direkt am Passschild bei 2400 m. Ob wir nach vielen fast zu heißen Nächten diese Nach frieren, erfahrt ihr im nächsten Blog.

 

Comments


DSC01243.JPG

Unsere 4 Augen - HS Life on Road

Das sind wir, Hardy und Sarah. Wir waren mit unserem Citroen Jumper "Polwan" ein Jahr auf Tour und haben dabei viel erleben dürfen. Schaut doch einfach selbst, was alles geschah.

 

© 2023 Die Welt sehen. Erstellt mit Wix.com

bottom of page