Polwan bleibt stehen – zu steil – Bülbülan (TUR-2)
- Hardy
- 6. Sept. 2021
- 4 Min. Lesezeit
05.09.2021 – Türkei Tag 2, du hast weiter Zeit, uns zu begeistern … Noch im Georgienzeitzonengefühl waren wir wieder früh wach, hatten aber auch ausreichend Besuch an der Wasserstelle neben uns. Einheimische sind immer ein gutes Zeichen, also füllten wir auch etwas auf. Ihr wisst es, in den Bergen sparen wir so viel wie möglich Gewicht, um es nicht unnötig die Berge hinaufzuschleppen.
Ein bisschen Vanpflege stand auch an, mal die Verschlussdeckel des Abwassertanks öffnen und reinigen, die Reparatur der Serviceklappe stellt sich als schwieriger heraus, da mal wieder Kunststoff-Einmalclipse verbaut sind und die Fenster erhalten mittlerweile eine tägliche Wäsche aufgrund des Staubs, der die Seitenfenster wie einen Fingernagel an der Tafel quietschen und verkratzen lässt.
Von Michi und Markus hatten wir den Tipp bekommen, lieber einen Pass als die Landstraße zu fahren. Sie kennen unser Auto und sollten wissen, was wir fahren können und was nicht. Wir vertrauten ihnen und fuhren noch etwas am Stausee und dann in Schluchten immer weiter in die Höhe. Der erste türkische Einkauf ist auch erledigt. Die Preise sind günstiger als die deutschen Pendents, aber spürbar teurer als armenisch und georgische Preise. Nur die Milchprodukte sind wieder deutlich günstiger. Zahlten wir für einen Liter Milch von 0,80 – 1,40 €, kostet sie hier etwa 0,50 €. Auch an ein paar Süßigkeiten kamen wir nicht vorbei. Allerdings wird die Türkei eher ein Fahrland für uns, so muss der Verbrauch eher dezent erfolgen 😊.
Das Leben findet auch auf über 2000 m noch ganz normal statt, es muss im Winter extrem hart sein. Lange Sachen sind bei 14 Grad eher Pflicht. In der Sonne allerdings eine herrliche Kombination. Die Straßen gut fahrbar lag auf einmal Schotter steil vor uns. Etwas zu langsam und vorsichtig geschaltet und schon stand der Polwan. Anfahren im ersten Gang selbst mit Berganfahrassistent nicht möglich, da fehlte einfach die Kraft. Augen in beide Rückspiegel und rückwärts den Berg hinab bis eine anfahrfähige Steigung erreicht war. Dann lassen wir den ersten Gang mal ordentlich arbeiten, nicht schön für das Gewissen, nicht schön zu hören und nicht toll für das Auto, aber anders kämen wir nicht hinauf. Etwas Schwung und durch die Stelle, danach ging es fast nur im 2. Gang steil bergan in Serpentinen. Auch hier oben waren die Straßen durchaus okay, nur der häufige LKW-Verkehr macht es nicht einfach. Sahen wir das letzte Dorf noch unter den Wolken, führten uns die Serpentinen erst zu, dann in und schließlich durch die Wolken. Unsere schweizer Freunde hatten recht, der Ausblick vom Bülbülan-Pass über die Wolken und Bergspitzen lohnte allemal. Der Polwan musste mal wieder auf Rakim (Höhe) 2581 m.
Etwas weiter stand eine der uns schon zahlreich begegneten Burgruinen. Wenn sie so gut liegen, nehmen wir sie einfach ungeplant mit. Vom Kinzi Kalesi (Burg Kinzi) standen noch einige Wände und Wandfragmente, die eine Stippvisite ermöglichten. Wie vor fast allen Besuchsobjekten eine große türkische Fahne. Selbst so weit oben wird aus jedem Grashalmen Heu gemacht. Die Landschaft über 2000 m bietet nicht viel. Auch in der Türkei werden Kuh- und Pferdemist zu steingroßen Briketts verpresst und als Heizmittel verwendet. Not macht eben erfinderisch. Vier ältere Türken sprachen uns bei der Rückkehr an, seit gestern war unser Türkisch für Anfänger nur um die Worde Danke, Hallo, Tschüss und Guten Tag gewachsen, es half mal wieder nur die internationale Zeichensprache.
Wir staunten nicht schlecht über die Straßen, die großen Straßen sind alle zweispurig, obwohl es fast keinen Verkehr gibt. Es wird sehr viel an den Straßen gebaut, man merkt aber auch, dass wir hier in einer Erdbebenregion sind. Teilweise sind die Straßen einfach gebrochen und über mehrere Meter abgesackt, die neue Straße führt dann eben genau daneben weiter. Das Fahren machte einfach richtig Spaß, da wir gut vorankamen, haben wir doch ein Tagespensum von etwa 100 - 150 km zu schaffen. Mächtig früh, kurz nach Mittag kamen wir schon an unserem ausgeschauten Stellplatz an, einer der größeren Seen der Türkei, dem Cildir-See. Auf einer Halbinsel fanden wir einen wunderschönen Grasstellplatz, etwa 15 m über dem Wasser und direktem Wasserzugang.
Die Zeit nutzten wir mal wieder für etwas Nacharbeit der Blogs, Länderzusammenfassung und endlich mal wieder einen Nachmittagskaffee mit türkischen Keksen. Als der Wind die ruhigste Phase hatte, kamen die ersten SUP-Kilometer zwischen den Inseln an der Halbinsel zustande. Wind war in den letzten Tagen so ein Thema, er zerriss uns auch unsere Fahrradplane, wo sie seitlich am Bus vorschaut, dank der heutigen Zeit eine willkommene Aufgabe für Sarah. Auch die Anwohner sind sich des tollen Platzes bewusst und kamen an einem Sonntagnachmittag zahlreich, viele von ihnen hatten einen eigenen Teekocher mit. Davon gibt es sicher bald mal ein Bild. Ansprechen wollte uns keiner, neugierig waren sie aber schon, kamen teilweise extra angelaufen, um auf das Nummernschild zu schielen oder das SUP zu inspizieren.
Am Abend gingen wir noch über die Halbinsel, entdeckten auf einem Berg eine alte Festungsanlage und Wachtürme. Vielleicht können wir morgen früh mal die Drohne hochgehen lassen, wenn es der Wind zulässt.
Morgen geht es dann in eine geschichtsträchtige Geisterstadt, über die wir schon viel gehört haben, doch vorher lassen wir uns das erste Mal das Minarett gefallen.
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