Punkt des ersten Sonnenaufgangs Europas – Dipkarpaz (TRNC-5)
- Hardy
- 6. Nov. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Nov. 2021
03.11.2021 – Manchmal steht man in der Nähe einer Hauptstraße ruhiger als in einem Dorf oder Sehenswürdigkeit. So geschehen letzte Nacht, schon im Dunkeln ankommend ging es noch über einen ordentlichen Absatz und schon standen wir auf der alten Küstenstraße. Und heute früh konnten wir am Ort des ersten Sonnenaufgangs Europas in den Tag starten. Wecken wir jetzt den Geographen in euch? Natürlich liegen Teile der Türkei, Georgiens, Armeniens und Kasachstans weiter in Osten, sehen somit die Sonne eher, doch sie zählen topographisch zu Vorderasien.
Na gut, etwas hatten wir doch geschummelt … mehr dazu später. Wir waren also auf dem Horn Zyperns und dieses ist noch relativ unbebaut und natürlich. Es war Zeit, sich einen Wunsch zu erfüllen, der bei der Beschauung der Landkarte Zyperns entstand. So wollten wir gerne das Horn mit dem Rad abfahren. Passend dazu hielt unsere MTB-Karte zwei Touren (14, 15) parat. Wir kombinierten die beiden Touren und sahen uns so bei unserem Start vor zu bewältigenden 67 km und 800 hm. Etwas mehr Wasser und Proviant füllte unsere Radtasche und dann rein in die Pedale.
Das Wetter war sonnig – bewölkt und damit perfekt. Mit Dipkarpaz passierten wir die letzte östliche Stadt und waren somit in der „Einöde“. Schon nach unserer Abfahrt zum Meer erwartete uns eine erste byzantinische Kirche Agios Philon und das letzte Café, ab jetzt mussten wir mit allem was da komme allein klarkommen. Immer entlang der Nordküste hätte man an jeder Bucht stehen bleiben können. Der Asphaltweg führte uns etwas unerwartet zu drei weiteren Kirchenruinen Aphondrika, die mittels EU-Förderprogramm erst 12/2020 hergegerichtet wurden. Ein schöner Spot, der sich mit dem Rad auch gut für kurze Ausflüge eignet. Doch dann kam das, was im Radführer so schön als „Dirt Track“ beschrieben wird. Untergrund aus rotem Lehm, Sand, Schotter und Gestein. Insgesamt ließ es sich relativ gut fahren, 60 km hätten es davon nicht sein müssen. Die Regenfälle der letzten Tage schienen hier stärker ausgefallen zu sein. Überall war der Boden noch nass, hatte Furchen und mit der Mischung von Sand und dem rotem Lehm kleine Kunstwerke wie im Milchschaum eines Cappuccinos erschaffen. Doch man sah auch, dass einiges an Material von den Wegen geräumt war. Zwischenzeitlich sahen wir einen Bauern, der eine tote Ziege hinter seinem Pickup band und sie einfach hinterher schliff. Auch ein noch frischer abgefressener Schafskadaver ist mittlerweile nichts unnormales mehr. Viel mehr beeindruckten uns die vielen wilden Mulis, eine Mischung aus Pferd und Esel, die hier am Kap ungestört leben, aber auch viel Kot auf den Wegen hinterlassen. Erst tun sie ziemlich neugierig und mutig, kommt man ihnen näher, springen sie doch schnell weg ins Gebüsch. Wissen sie dann doch nicht weiter, geben sie ein Gemisch aus Iahhh und Wiehern von sich, es hört sich fast wie schlechtes Husten an.
Kommen wir zum angesprochenen Schummelpunkt, denn die Sonne geht natürlich an der Kapspitze zuerst in Europa auf. Wer mal eine Wanderung im Herbst sucht, kann entlang der nordzyprischen Küste, den Besparmak-Trail laufen und kommt dann nach 255 km genau am Kap an. Der Ausblick kann bei gutem Wetter nördlich bis zur Türkei und östlich bis nach Syrien oder den Libanon reichen. Immer im Blick haben die zwei hier stationierten Polizeibeamten eventuelle Schlepper-Flüchtlingsboote und Drogenschmuggel auf dem Wasser. Wir beobachteten sie heute beim Beobachten, vielleicht bringen sie euch dann auch bis zum nächsten Ort mit etwas Leben, dem Monastary Apostel Andreas. Dort trafen wir nicht nur einen Muli, welches die Menschen regelrecht bedrängte und sie vor sich her scheuchte, um Futter zu kaufen. Sondern hier trafen wir auch auf einen Reisebus, den wir vor Salamis vor 2 Tagen schon trafen. Wir verhielten uns unauffällig, doch man erkannte uns und verwickelte uns direkt in ein Gespräch, verschwitzt und mit Matsch bespritzt, wie wir eben vom Weg waren 😊 Das Monastary ist gerade in Renovierungarbeiten, die renovierten Teile sind sehr schön, die Lage der absolute Hammer, ein großer Felsen direkt am blauen Wasser. Es scheint eine Hauptattraktion Nordzyperns zu sein, nicht nur die Reisebusse verkehren hier, die Ansammlung an Souvenirständen war beträchtlich. Wer möchte, kann neben dem Donkey-Futter auch Katzen-Futter erwerben. Eine deutsche Dame machte davon Gebrauch, schnell waren 25 Katzen um sie herum, ihr Mann filmte das Schauspiel.
Nach dem nächsten Berg, vor uns ein unberührter langer, halbmondförmiger Strand, der Golden Beach. Keine Menschen in der Nähe, also einfach alle Sachen runter vom Körper und rein in das klare Wasser. Etwa 300 m entfernt wurde gerade der nächste Reisebus entleert. Das gesamte Kap ist fast unberührt und mit dem Rad auf der Südseite sehr gut befahrbar, doch Achtung, hier sind die Mulis Menschen gewöhnt und stellen sich auch mal mitten auf die Straße und beobachten euch. Der Norden ist etwas anspruchsvoller. Um die Motivation hochzuhalten, setzten wir uns eine Zielzeit am Polwan. Von knapp 300 hm wussten wir, aber nicht von diesen vielen Hügeln und Gegenwind. 4 Minuten fehlten zum Erreichen, Ausreden dafür fanden wir schnell 😊
Noch etwas Strand zum Genießen, Sarah´s Gummibeine ließen sie nur noch schwanken. Übrigens findet sowohl im Norden als auch im Süden jährlich die Eiablage der Meeresschildkröten statt. Zum Abschluss des Tages noch knapp 100 km in den Westen, immer entlang der Küstenlinie in Richtung unseres nächsten Spots. Es bleibt sportlich.
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