Rangerangst – Emli-Valley (TUR-36)
- Hardy
- 17. Okt. 2021
- 3 Min. Lesezeit
15.10.2021 – Wenn das Konzert der Wölfe und der Vögel lauter als der Muezzin ist, hat man in der Türkei alles richtig gemacht und steht irgendwo tief in der Natur. So wachten wir auch heute bei 8 Grad im Poli auf und waren noch immer im Emli-Valley, etwa 130 km nördlich vom Mittelmeer entfernt. Zum Frühstück verabredet, mussten wir einfach schonmal schummeln und vorfrühstücken, da der Magen eher knurrte, als die Sonne sich vor unseren „Häuschen“ zeigte. Doch sobald die Sonne da war, schnell raus aus dem Haus und den Tisch mit Stühlen aufgestellt. Schaut doch aus dem anderen Haus ein Kopf heraus und gestand uns, dass auch sie vorfrühstücken mussten. Ein Lacher.
Nach dem ausgiebigen Sonnenfrühstück wurden die Autos gepackt, mit Wasser vollständig gefüllt – Gebirgswasser ist und bleibt das beste Wasser. Hatten wir dem Ranger doch gesagt, wir würden nach dem Frühstück fahren, wollten wir keinen Ärger und erneute Nationalparkgebühr riskieren. Die Motoren aus dem Schlaf geweckt, rumpelten wir genau hinter die Nationalparkgrenze. An einer Steigung, die wir schon mit einem flauen Magen vor zwei Tagen heruntergefahren waren, hieß es Mut beweisen. Etwas Schwung, ganz viel Gefühl im Fuß, um genau so schnell zu fahren, dass wir nicht stehen bleiben, aber die Räder auch nicht durchdrehen. Auf Schotter war es wohl fast unsere mögliche Grenze. Einige Dinge waren mit mächtig Radau aus den offenen Fächern geflogen, die Luft schmeckte nach Staub und alle vier Räder rollten noch.
Nun waren wir bereit, es mit dem Ranger aufzunehmen. Einige hatten über Probleme mit dem Ranger an der Stelle geschrieben, auch der Kletterführer von Marina und Gerd berichtete darüber. Wir schnappten uns die Wanderschuhe und hinein in ein neues Tal. Im Emli-Valley hatten wir bereits morgens immer viele Bienen und Wespen. Bei genauer Betrachtung soll man in Valley noch die alten Holzbalken sehen können, die die Bewohner früher nutzten, um an die hohen Nester der Wildbienen zu kommen und ihren Honig zu mopsen.
Es war ein beeindruckendes Tal. Von dem gestrigen grauen Kalkgestein war fast nichts mehr zu sehen, das Gestein war ein Konglomerat von Kieselsteinen, die mit Asche und Kalk als Bindemittel verbunden waren. Von unserer Geologin hatten wir in den letzten Tagen viel gelernt. Auch konnte man erkennen, wie die Gletscher damals haushohe Gesteinsbrocken transportierten, aufeinander stapelten und in den Felswänden Spuren hinterließen. Die Tour war mit leichter Kraxelei verbunden, doch immer im Blick die möglichen Kletterrouten 😊. Wenn ihr mal auf einer ähnlichen Tour seid, könnt ihr euch im Emli-Valley oder in den Schluchten des Aladaglar-Nationalparks vom Menschentrubel um Ankara und Kappadokien in beeindruckender Natur herunterfahren und für den Süden vorbereiten. Marina und Gerd entdeckten wieder eine Nadel zum Besteigen, wir gingen noch bis zum Ende der Schlucht im Flussbett des Schneeschmelzeverlaufs. Noch ein paar Drohnenaufnahmen, der Wind war perfekt dafür und dann hieß es, sich zu verabschieden.
Wir schmiedeten schon die verrücktesten Pläne, wie wir den Ranger ablenken, täuschen oder auf Türkisch diskutieren, doch er enttäuschte mit Abwesenheit 😊. Wenn ihr mal hier seid, nutzt auf jeden Fall die Chance der Tausenden Apfelbäume, gerade jetzt sind sie reif und werden von emsigen Arbeitern gepflückt. Einen Traktor sahen wir auch, der am Baum rüttelte und schüttelte und so alle Äpfel abwarf. Unser Ziel verfolgend ging es weiter gen Süden und auch in der Türkei ist Herbst. Die Bäume färben sich gerade in alle Farben und läuten vor den riesigen Kaltgebirgen einen entspannten Herbstblues ein. Kennt ihr das auch, wenn ihr Blätter sammelt und jedes eine einzigartige Färbung hat, ihr die gefundene Kastanie wegwerft, weil die nächste einfach größer, runder oder schöner ist?
Da wir mal wieder die Landstraße der Autobahn vorzogen, entdeckten wir Dörfer, die wir gar nicht kennenlernen wollten und ernteten erstaunte Blicke bzgl. unseres Fahrzeuges. Die Frequenz der Vorbeilaufenden bzw. die Häufigkeit, wie oft einzelne um uns herumschwänzelte war schon interessant. Kommen doch da einfach zwei Deutsche, die wie selbstverständlich auf dem heimischen Markt einkaufen 😊
Viel auf und ab, rechts und links, schmale Straßen, scharfer Asphalt und schon hingen wir hinter einem Schwertransport eines Raupenkrans. In Deutschland würde da kein Weg dran vorbeiführen. In der Türkei klappt es ohne Probleme mit dem Vorbeidrängeln und alle Verkehrsteilnehmer kommen damit klar. Das Mittelmeer schon am Horizont und die ersten Häuser der Meerstädte im Blick bogen wir gen Osten ab und wieder verschlug es uns in die Berge. Was wir dort suchen, erfahrt ihr im nächsten Blog. Jetzt können wir sagen, dass wir in dem Teil der Türkei sind, den alle für das gesamte Land halten. Hier ist es ziemlich staubig und trocken. Wir hoffen, dass wir euch nicht nur mit den Blogs der Türkei, sondern auch mit allen anderen die Realität etwas näherbringen konnten. Vielleicht veranlassen euch einige ausgeräumte Vorbehalte, Vorurteile oder Unwahrheiten sogar, dieses Land zu bereisen.
Comments