Rumpelkiste on Tour – Kamjanec Podilskyj (UKR-9)
- Hardy
- 6. Juli 2021
- 3 Min. Lesezeit
05.07.2021 – Zwei Locations in der Nähe und einiges an Publikumsverkehr, dachten wir gestern Abend noch nach, ob es doch der falsche Stellplatz wäre, war die Nacht erstaunlich ruhig. Heute Morgen hatten wir das Kino dann direkt vor den Hecktüren und somit einen Platz in der ersten Reihe. Was war passiert? Bei unserem gestrigen Abendspaziergang zur Regattastrecke von Ternopil entdeckten wir einen alten Mercedes-Transporter, der im Wald und etwa 30m hinterm Polwan so blöd rückwärts gefahren und in ein Loch eines Wurzelballens stecken geblieben ist. Mit der Front hatte er sich bei diversen Freifahrversuchen richtig in die Erde eingegraben. Ein anderer Transporter zog ihn heute mit einiger Gewalt heraus. Front und Heck waren entsprechend ramponiert. Wegfahren konnte er aus eigener Kraft.
Nach dem Frühstück nutzten wir die Gunst der Regenfreiheit und machten uns auf zu einer Paddeleinheit. Dem Vorbild von drei Rennkanuten taten wir es gleich und fuhren einen SUP-Sprint, den Sarah hauchdünn gewann. Danach noch eine Runde ins Wasser, man kann so viel machen, wenn man weiß, dass eine über 3-stündige Fahrt vor einem liegt. Genau gesagt 3h 25min und eine Strecke von 130 km. Ich habe in etwa so geschaut, wie ihr jetzt. Anfangs begleitete uns viel neue Straße, allerdings mit der Beschränkung von 50 km/h, ab 1/3 wurde es dann wieder die feinste Holperpiste. Wir fahren ja beide gerne Auto, doch bei den heutigen Straßen kann man es sich wirklich abgewöhnen. Man hat nicht nur ständig Angst um den Bus, ein Schlagloch oder eine Welle zu übersehen, nein man muss auch ständig auf genügend Abstand zwischen den Zähnen achten, damit sie nicht aufeinanderschlagen.
Nach 2/3 der Strecke kam in Scala dann endlich ein Grund, um den Blinker zu setzen, ein altes Schloss am Straßenrand schrie förmlich nach einer Besichtigung. Ein Wachturm und eine gepflegte Wiese bildeten den Eingang, ein Container mit drei Bauarbeitern die Nachhut. Hier wird kräftig mit amerikanischen Mitteln restauriert. Zum Glück gibt es hier keinen Arbeitsschutz 😊 Der Eintritt ist kostenlos, am Eingang liest der Besucher Informationen auf Ukrainisch und Englisch und der Hinweis zur App „Near You“ ist auch sinnbringend. Beim Besichtigen sollte man etwas vorsichtig sein, Absturzsicherungen gibt es keine, doch der Gang durch die Räume und Kellergewölbe der Ruine lohnt.
Zurück auf der Rumpelpiste mit etwas mehr als einer Stunde Restzeit befuhren wir bei Grün eine kilometerlange Baustelle, gegenüber der normalen war die abgefräste Oberfläche ein wahrer Genuss. Bei Hälfte der Baustelle kamen uns dann LKWs und Autos entgegen, nur heillose Ausweichmanöver machten das gleichzeitige Durchkommen möglich. Bei der Ausfahrt der Baustelle sahen wir auch warum, die Baustellenampel war gerade erst im Aufbau. Auch das ist die Ukraine.
Froh endlich in Kamjanec Podilskyj angekommen zu sein, gabs es ein viel zu weiches Eis, welches seinen Zweck trotzdem erfüllte, denn endlich sahen wir wieder Sonne. Nur 800m von unserem Parkplatz entfernt besuchten wir eines der Top-Highlights der Ukraine. Lonely Planet schreibt dazu: „Die von der dramatischen Schlucht des Smotrytsch gesäumte Stadt in Podolien gehört zu den schönsten Orten der Ukraine. Von der neuen Brücke führt ein Spaziergang durch die kopfsteingepflasterten Viertel der einst geteilten Gemeinde, vorbei an restaurierten Kirchen, baufälligen Palästen und den Überresten des einst massiven Verteidigungssystems bis zur Festung.“ Die Festung ist sehr sehenswert und kostet 60 UAH/Pers. (2€), ein Lacher für die Zeit, die man darin verbringen kann. Die Beschreibungen sind meist in Ukrainisch, mit etwas Glück auch mal auf Englisch. Leitern führen durch die Etagen der Wachtürme, ein Holzbalkengang entlang der Wachmauer, der alte Brunnen, die Waffenkammer und ein extra zu bezahlendes Technikmuseum (3€) können besichtigt werden. Wer möchte, kann an den Türmen auch mal Rapunzel spielen, sollte sich aber in der Folterkammer nicht auf ein Happy End freuen. Etwas grausam waren sie damals schon.
Der Stadtrundgang lohnt und sollte nicht ausgelassen werden, egal bei welchen Temperaturen. Im Franziskanerkloster lauschten wir einer Orgelstunde, brachten so manchen mit unserer Frage „Do you speak English?“ zur Verzweiflung, machten lustige Bilder am Stadtei, Stadtfotografen oder im Miniaturdorf. Ein abschließender Gang zum liebevoll angelegten Schwanenteich, hier entdeckt man bei jedem Blick etwas neues und in der Schlucht ließen uns überlegen, dass wir einfach in der Stadt zu Abend essen. Doch wir suchten uns einen speziellen Platz aus, eine Pizza to go verspeisten wir direkt Visasvis auf der anderen Brückenseite der Festung. Ein Traumplatz am Abend. Wir können euch den Besuch empfehlen. Achtung, es gibt eine Stadtmaut, wenn ihr die Brücke an der Festung überquert, gleichzeitig spart ihr euch aber die Suche nach einem Parkplatz, denn an der Mautstraße liegt ein etwa 100 m langer Stellplatz, wenn noch Platz vorhanden ist. Die Besuche waren auch am Montag zahlreich, es war gleichzeitig auch ein Tipp von Vasel.
Nach 21 weiteren Rumpelkilometern fanden wir nach etwas vorheriger Wegbegehung einen Traumplatz am Fluss mit Nachbarn aus Weißrussland und kräftiger ukrainischer Folklore auf der anderen Flussseite. Wenn morgen alles klappt, geht’s morgens auf´s Wasser, danach zu einem Spot und eventuell auch zu einem Länderwechsel.
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