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Tierische Begleitung – Aladagar Mili Parki (TUR-34)

  • Hardy
  • 16. Okt. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

13.10.2021 – Selbst vor einem Nationalpark hat man keine Ruhe vor dem morgendlichen Muezzin. Irgendwie schafft er es doch immer morgens in den Polwan hinein. Doch heute drehten wir uns einfach nochmal um, nach der gestrigen Schniefnase überraschte Sarah auch mit tiefer gelegter Stimme. In einer Wohnung, die mit Bad und Küche wohl kleiner als jedes Studentenapartment ist, fällt gesundheitsorientierter Abstand eben auch schwer.

Die frechen Elstern auf dem Dach trieben uns dann doch zum Aufstehen. Der schwarze Hund, der Sarah noch gestern Abend fürchterlich erschreckte, war auch heute Morgen wieder da und freute sich, dass Leben vor dem Eingangsportal des Nationalparks kam. Die Sonnenstrahlen noch nicht ganz um die Bergkuppe, klackten die Tischbeine ein, die Klappstühle wurden auseinandergezogen und einladend positioniert. Da lugte auch schon Gerds Kopf aus der Dachluke des Shelters. Zwischenzeitlich tauften wir unseren Hund, der es sich neben dem Tisch wohnlich einrichtete, Fatma.

Nach dem Frühstück, kurz bevor wir alle los wollten, hielt ein alter Renault 12 (Dacia) neben uns, es stieg der Ranger aus. Alle Argumente, außerhalb des Nationalparks zu stehen, tat er türkisch lächelnd ab. Einen Kollegen angerufen, der auch Englisch konnte, schnell war alles geklärt und der Eintritt sowie Parkgebühr wechselten den Besitzer. Später erfuhren wir, dass sogar das ganze Dorf im Nationalpark liegt.

Marina und Gerd wechselten den Spot, wir ruhten uns noch etwas mit roter Nase und einer Familienpackung Taschentüchern aus. Doch wie ihr uns kennt, trieb es uns trotzdem zu einem „Spaziergang“ hinaus. Wanderschuhe an und dann durch die Pforte des Nationalparks hindurch. Mit dabei – unsere Fatma. Wir hatten uns für einen etwa 10 km langen Rundkurs mit moderaten 400 hm entschieden. Entlang der Piste ging es vorbei an einer großen Schafherde, die Schafe weit weg, veranlasste die 6 Hütehunde trotzdem zu uns zu kommen. Sie hatten es aber nicht auf uns, sondern auf Fatma am Fuß von Sarah abgesehen. Der Chef der Bande hatte ein Stahlhalsband, an dem viele Eisenstacheln waren. Was sich wie Tierquälerei anhört, hat einen sinnvollen Grund. Um uns herum gibt es Wölfe und Bären. Sollte es zu einem Wolfsangriff kommen, kämpft in der Regel der Rudelführer, eben der Stärkste. Wölfe sind bestrebt, ihren Gegner mit einem Kehlenbiss zu erlegen, so wie sie jedes Schaf reißen. Mit dem Halsband erhöht sich die Chance, einen Wolfsangriff zu überstehen und den Wolf zu vertreiben. Mit diesem Halsband wirkte der eh schon bellende und fixierende Hunde noch gruseliger. Auch ein Esel war bei der Herde, er schreit bei einem Wolfsangriff so laut, dass er die Hunde uns Schafe warnt.

Alles gut, Situation überstanden, Fatma hatte mit eingeklemmtem Schwanz und abgesenktem Heck auch vollste Unterwerfung präsentiert. So ging es für uns weiter hinauf, immer weiter zu der grauen Wand, die sich mehr und mehr vor uns auftürmte. Vorbei an einem Zeltplatz auf einem Hochplateau und wohl der einzigen Stelle mit Rasen. Dafür sorgten Rasensprenger, auf 2000 m ein ziemlich komischer Anblick. Der Wasserleitungsdruck schaffte jedoch nur eine Strahlweite von etwa einem Meter. Da bedarf es einem fleißigen Ranger beim Umstellen 😊

Entlang der Felswand, in Richtung unserer gestrigen Schlucht lief Fatma immer mal wieder vor, ließ sich abfallen oder rannte einfach mal weg, um dann wieder bei Fuß zu laufen. Über das Taurusmassiv sagen die Türken, es sehe aus wie in den Dolomiten, farblich gehen wir definitiv mit.

Landschaftlich erinnerten wir uns bei den Büschen von Heidekraut und Gesteinsbrocken eher an Island. Zwischenzeitlich passierte uns ein Bauer mit seinem Traktor, der uns auch beim dritten Mal freundlich zuwank. Als Fatma sich wieder ganz nah bei uns oder eher zwischen uns aufhielt, wussten wir, dass die Schafherde ganz nah war. Die letzten Schafe rannten über den Berge, puh Glück gehabt, nur ein paar helle Steine, der Esel und zack durch. Denkste. Die Hütehunde waren mit ihrem beigen Fell so gut getarnt, dass sie zwischen den beigen Steinen gar nicht auffielen. Ein Gebell und zuvorderst der Chef der Band, natürlich direkt auf uns zu im Eilgang, Sarah musste Fatma aus unserer Mitte drängen. Hütehunde tun Menschen eigentlich nichts, wenn man ihr Revier nicht betritt oder nicht direkt in die Herde rennt. Vom Gemüt her sind sie trotzdem hysterisch, gerade bei fremden Hunden reagieren sie ungewiss. Also seid auf offenen Weiden immer achtsam.

Unsere tierische Begleitung schmiss sich völlig zufrieden und fast ein bisschen lächelnd vor den Polwan, als Zeichen – wir haben es geschafft. Dafür bekam sie von uns einen großen Topf Wasser und ein großes Stück Brot. Sie verschlang es mit Wohlgenuss.

Für uns hieß es Sachen packen und weiter auf die Piste. Marina und Gerd haben einen Weg ausgekundschaftet, ob er für uns fahrbar wäre. Mit dem Wissen, dass uns ein Allrad-LKW notfalls überall rausziehen kann, konnten wir uns etwas mehr trauen 😊. So haben wir den Nationalpark nicht gewechselt, aber sind 2 Täler weiter gefahren, stehen in einem Bergkessel in wunderschöner Kulisse. Für morgen haben wir ein, ich nenne es mal interessantes Naturphänomen als Ziel.

Am Abend hieß es dann endlich Grillen, unser erstes Grillen auf der Reise. Das Gemüse in große Scheiben geschnitten, richteten die Frauen das Essen an, Gerd betätigte sich als Grillmeister und ich flickte mal wieder 2 Plattfüße und entfernte 15 Dornen aus unseren Mänteln. Beim Abendbrot gab es ein Konzert aus Wolfsgeheul und Tiergebrüll.


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Unsere 4 Augen - HS Life on Road

Das sind wir, Hardy und Sarah. Wir waren mit unserem Citroen Jumper "Polwan" ein Jahr auf Tour und haben dabei viel erleben dürfen. Schaut doch einfach selbst, was alles geschah.

 

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