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Typisch armenisches Wochenende – Dsheg (ARM-2)

  • Hardy
  • 16. Aug. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

15.08.2021 – Guten Morgen an Tag 2 in Armenien. Diese Nacht standen wir an der Straße kurz hinter dem Restaurant, Opa Barev wies uns extra ein, zeigte uns einen schönen Ausguck und eine Trinkwasserleitung und meinte, die Straße sei sehr ruhig nachts. Da hatte er die Rechnung nicht mit dem Autofahrer gemacht, der nachts halb 2 hupend anfuhr und sein Auto in der Self-Wash-Anlage wusch. Heute früh hingen vor unserer Tür 5 große Teppiche, die wohl auch in der Autowaschanlage gereinigt wurden 😊. Der Frühstücksausblick vom Berg in das Tal war trotzdem gigantisch, den Ausguck nutzten wir trotz fehlender Beplankung …

Verabredet waren wir erst gegen Mittag, so schlenderten wir noch durch Alaverti, dem Ort im Tal. So schön, wie es sich in unserem Lonely Planet las, ein Tal, welches mit vielen Bauten an die Sowjetzeit erinnert, war es dann doch nicht. Es schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Wir wunderten uns über das extrem hohe Aufkommen von Polizei, Grenzpolizei und Armee, alle beäugten uns kritisch. Am besten wir kleiden uns eher grau 😊. Eine Seilbahn im Ort, leere Springbrunnen und große Gesichter an den Talwänden zeugen von einer besseren Zeit. Das erste armenische freie Internet fanden wir auch, so habt ihr wieder etwas zum Lesen. Durch die vielen Schotterstücke und Bergfahrten hieß es eher zu tanken als gedacht, für 470 ADM/l (0,79 €/l) ist es auch in Armenien sehr preisgünstig.

Verabredet hatten wir uns an einem Spot auf dem Berg, 25 der zu fahrenden 37 km waren gut, bei 4 km wäre ich am liebsten umgedreht und 1,5 km gingen wir dann zu Fuß. Einige Armenier scheuchten ihre Autos mit durchdrehenden Reifen oder aufsetzendem Unterboden hinauf. Klar, schaut man sich die Reparaturpreise an, würden wir im deutschen Vergleich kurz schmunzeln.

So warteten wir am Dsheg Lake auf unsere armenische Gastfamilie. Abgesehen von den Autos war es ein Idyll und die Anfahrt lohnte sich, ein Gang drumherum und dann waren wir wieder zu zwölft. Auch in Armenien ist es typisch, dass sich die ganze Familie zum Essen trifft. Garik und seine Frau Larisa sind zu Besuch bei ihren Eltern und haben die Kinder aus der Hauptstadt Jerewan alle mitgebracht. Heute konnten wir den zweiten Tag mit ihrer Familie verbringen. Es ist der Wahnsinn, was die Familien alles mitbringen. Heute gab es etwa 3 kg Hack, um Kebab am Schaschlikschwert zu grillen, Kartoffeln, Tomaten, Auberginensalat, faserigen Käse, der in die einzelnen Fasern zerrupft, mit Ei und viel Fett und ständigem Rühren zu einem Omelett gebraten wird und Dzermuk (Melone). Am Dsheg Lake, wie aber bisher auch an ganz vielen Orten stehen Grillinseln mit überdachten Sitzgelegenheiten und einem Grill zur Verfügung. Gegrillt wird nicht mit Kohle oder Briketts, sondern mit normalen Ästen, die erst verbrennen und dann die Glut bilden. Die gesamte Zubereitung passiert vor Ort und jeder hilft mit. In Deutschland kennt man es ja eher so, dass einer einlädt, der alles fertig macht und dann erst die anderen kommen. Wobei sogenannte Mitbringpartys auch schwer im Kommen sind. Die Prozedur ist eine förmliche Zelebrierung. Garik ärgerte sich extrem, dass das Hack nicht wirklich an den Spießen halten wollte, so wurde aus Kebab eben Bulette oder auf Armenisch Kotelett 😊.

Es machte wieder richtig Spaß, auch wenn wir nicht eine Sprache sprachen, Ari musste weitestgehend wieder übersetzen, teilweise verstanden wir uns auch so, Zeichensprache ist eben international und bei einigen Dingen wussten wir, was sie meinten. Nach der Melone flogen wieder die Karten. Wir bringen euch ein neues Kartenspiel mit nach Deutschland. Sollten wir mal die Zeit finden, verschriftlichen wir die Regeln.

Gegen 17:30 mussten wir uns leider verabschieden, es war ein großes Drücken und Handshake … einfach schön, hoffen wir, dass es auch in Deutschland bald wieder dazu kommt. Ein unpersönliches „Hallo“ und Voreinanderstehen ist einfach nicht dasselbe, weil die Herzlichkeit doch arg verloren geht. Wir mussten gehen, hatten wir uns doch vorgenommen, auf unbekannten Straßen nicht im Dunkeln zu fahren und va nicht in einem neuen Land. Die 7 km Schotterpiste stehen dafür, ebenso tiefe Gullideckel, Huckel am Fußgängerüberweg, gefährlich Serpentinenkurven usw., hatten wir doch in all den Ländern immer wieder neue Straßenerscheinungen.

Gutes Vorhaben, doch daraus wurde nichts. Der Skulpturenpark kostete uns nur 5 min, doch auf der Abfahrt sahen wir einen ockerfarbenen Survival-LKW mit Tiger und deutschen Kennzeichen. Es ist manchmal völlig verrückt, gerade heute früh hatten wir Gerd und seiner Frau eine Email geschrieben, ob sie noch gute Tipps für uns in Armenien hätten. Zur Erinnerung, wir hatten die beiden vor etwa 4 Wochen kurz vor unserer ersten Bergfahrt in Georgien getroffen. Und siehe da, der Zufall wollte, dass wir uns treffen, stand er doch gerade mal 10 min an der Stelle. Der Austausch war mal wieder schön, einige neue Informationen, einige hatten wir auch für sie. Das ist der Weg, auf dem wir Reisenden alle profitieren und alle gute Erlebnisse haben. Die Telefonliste wächst stetig weiter. So haben wir auch mit den Armeniern unsere Kontakte ausgetauscht und wollen uns in Jerewan wieder treffen.

Die Weiterfahrt fand nun im Dunkeln statt, es ging durch die Berge und ordentlich hin und her, die erste größere Stadt war zu durchfahren und wie sollte es anders kommen, schwang die Polizeikelle auch noch aus. Rechts ranfahren, na toll, was wollten sie denn jetzt. Kurz im Kopf durchgehen, zu schnell gefahren? Nein. Licht an? Ja. Blinken vergessen? Nein. Durchgezogene Linie überfahren? Nein. Also alle Standarddelikte können es nicht gewesen sein. Fenster runter: „Barev“ hatten wir heute gelernt – Hallo. Es folgte ein armenischer Wortschwall. Unsere 5 Worte Armenisch halfen nicht, so baten wir um Englisch. Der Polizist lächelte uns freundlich an, gab uns noch ein paar nette Worte mit und bat uns weiterzufahren … so könnte es immer sein.

 

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Unsere 4 Augen - HS Life on Road

Das sind wir, Hardy und Sarah. Wir waren mit unserem Citroen Jumper "Polwan" ein Jahr auf Tour und haben dabei viel erleben dürfen. Schaut doch einfach selbst, was alles geschah.

 

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