Und dann kam die Polizeikelle – Cherhanivka (UKR-2)
- Hardy
- 30. Juni 2021
- 4 Min. Lesezeit
28.06.2021 – Wildes Hupen neben uns und ein lauter Schrei „Dobre Dien Ukraine“, wäre es nicht um 5 gewesen, hätten wir uns auch echt gefreut, dass man uns willkommen heißt. Nach dem ersten ukrainischen Frühstück ging es auf eine Stippvisite zum nebenliegenden Fluss, ob die ersten Paddelschläge in der Ukraine möglich wären? Die Regenfälle der letzten Wochen hatten auch hier die Flüsse ansteigen lassen und die vielen Verzweigungen taten einiges zur hohen Strömung bei. Die Heckgarage blieb also zu.
Es ging auf die Straße, eine gelbe, vierstellige Straße, wir hatten keine gute Vorahnung. Leider erfüllte sich unsere Erwartung und es rumpelte kräftig. Von Schlaglöchern dieses Mal verschont, reihte sich Flicken an Flicken. Patchwork verblasst daneben. Da sich das nächste Ortseingangsschild meist nur kurz hinter dem Ortsausgangsschild befindet, durften wir sowieso kaum schneller als 50 km/h fahren. Nur in Ausnahmefällen grenzten wir an die Geschwindigkeit oder waren darüber. Die Landschaft hingegen gefällt uns sehr gut, ist die Ukraine eigentlich platt wie ein Pfannkuchen, sind die Karpatenausläufer wunderschön grün.
Als wir vor uns einen Zug sahen, staunten wir, die machten sich in den letzten Wochen sehr rar, doch bei Schrittgeschwindigkeit veränderte sich die Landschaft für die Insassen nur geringstfügig. 😊Zwei Autos begleiteten den Bummelzug, auch für sie war er wohl ein Highlight. Durch die Straßenverhältnisse streng am Geschwindigkeitslimit fahrend, überquerten wir eine Brücke. Brückenein- und -ausgänge sind eine Wissenschaft für sich, ebenso spannend ist jeder Bahnübergang. Nach dieser Brücke sahen wir schon zwei Polizisten, es kam was kommen musste, die Kelle. Darauf achtend, keine Linie zu überfahren, den Blinker setzend und Licht anzuhaben, hielten wir rechts. Tür auf, ein freundliches „Dobre Dien“ an den Polizisten gerichtet. Er schaute hinein und es kam ein Wortschwall Ukrainisch … wir verstanden nichts, aber er wollte wohl etwas. „Sorry, we don´t understand, do you speak English?“ Entsetzen in seinem Gesicht, was hatten wir nun angerichtet. Er schaute uns nochmal tief in die Augen und sagte: „Good day.“ Ein schnelles Bedanken und Erwiedern der Wünsche, rasch die Türen zu und nichts wie weg. Kurz danach konnten wir uns vor Lachen kaum halten.
Kurz darauf bogen wir in eine Straße ein, in der wir fast den Glauben verloren, nur schwarze Löcher waren wohl tiefer und größer, eine Straße der kleinsten Kategorie, also vor Schotter. Doch dann plötzlich eine nagelneue Straße, was für ein Traum. Den Polwan stellten wir in einer Nebenstraße auf Schotter ab und schnürten die Wanderschuhe für eine kleine Wanderung. Zwei kleine Wasserfälle waren das Ziel, wir wollten einfach die Karpatenregion noch etwas zum Wandern nutzen. Entlang der weiß-grün-weißen Markierung führte uns der Weg nicht nur an einer Quelle, sondern auch über viel Matsch, durch Büsche und Mücken sowie das ein oder andere Mal über den Bach. Die Wasserfälle waren ganz niedlich, aber keine wirklich zu empfehlende Wanderung.
Zurück am Polwan warteten schon drei Ukrainer auf uns, sie kamen vom Heck und begrüßten uns. In der Ukraine ist es normal, dass sich nur die Männer die Hände geben, warum, müssen wir noch herausfinden. Sie waren interessiert am Polwan, fragten uns ziemlich aus und luden uns zum Kaffee zu sich in ein benachbartes Haus ein. Als wir das Grundstück betraten, waren wir baff, was für ein Haus, ein top gepflegtes Grundstück … Vasel lud uns in einen Holzpavillon ein, aus dem Kaffee wurde noch Wasser, Cola, seine Frau Irina brachte Waffeln, Rocher, selbstgemachte Waffeln, Kirschen, Erdbeeren … wir fühlten uns fast schlecht, bei dem was man für uns tat. Ein Freund, Urik, der eigentlich in Stockholm (SWE) arbeitet, war auch zu Gast. Vasel sprach relativ gut Englisch, war auch Lehrer, wir seine junge Frau und wir hatten sehr viel Spaß. Vielen Dank euch nochmal und viel Spaß beim Followen. Das ist genau unsere Welt, nicht nur Land, sondern auch Leute kennenlernen. Auch deswegen geht unsere Reise eher in den Osten anstatt in den Westen. Wir fragten uns, würdet ihr euch extra an ein ukrainisches Wohnmobil stellen und warten, um den Ukrainer nach Hause einzuladen?
Nach über 2 Stunden trennten wir uns noch mit einem Abschiedsfoto schweren Herzens, wir sollten noch bis zum nächsten Tag bleiben, hatten aber noch etwas vor. Etwa 10 km weiter ging es noch auf einen kleinen Gipfel, entlang der hiesigen Skipiste. Im Fenster des Skigebäudes waren die olympischen Ringe noch eingeschweißt. Der ukrainische Skiolympiastützpunkt 😊, doch der schweißtreibende Aufstieg entlang des „Made in Tschecheslowakei“-Lifts brachte uns einen super Ausblick. Fanden wir weder in Griechenland, noch Rumänien oder Bulgarien Fliesenscherben, wurden wir hier wieder fündig, was wir damit vorhaben, folgt nach unserer Heimkehr.
Für morgen stecken wir ein ukrainisches Hochziel, dafür waren nochmal 70 min Fahrt notwendig. Die Gegend ist wirklich schön, etliche der bunten Häuser könnten auch in Schweden stehen, selbst einige Passagen erinnerten von der Fauna an unseren Schweden-Roadtrip. Derzeit fühlen wir uns hier genau richtig. Etwas gewöhnungsbedürftig erscheint uns das Gassigehen mit Kühen an der Leine. Dies sahen wir heut wirklich oft, dann setzen sich die Damen, halten die Kühe fest und sie können grasen. In Rumänien beobachteten wir oft, dass die Kuhköpfe an ihren Beinen festgebunden waren, um sich nur dem Grasen zu widmen.
Unseren ausgewählten Stellplatz erreichten wir nicht, da die Straßenarbeiter nach dem Aufbringen einer neuen Teerschicht vergessen hatten, die entstandene Stufe zum Außenbereich aufzufüllen. Und 20 cm Absätze sind dann doch etwas abrissgefährdend. Der Weg zu einem anderen Stellplatz erwies sich dann als grausam, vielleicht gibt es bald mal ein paar Straßenbilder.
Unser jetziger Stellplatz ist herrlich, ein Pferd sorgte noch für einen kurzen Schreckmoment, sah es doch beim Hervorkommen 10 m entfernt vom Polwan aus wie ein Bär.
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