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Unterwegs im Golden Circle – Thingvellir (ISL-10)

  • Autorenbild: Hardy
    Hardy
  • 27. Mai 2022
  • 6 Min. Lesezeit

Blog 10: 23. Juli 2018 - Dieses Mal waren es nicht die Russen, die uns zu nur 3 h Schlaf verhalfen. Um 5:30 Uhr begann für uns die Nacht. Irgendwelche unsoziale isländischen Halbstarken dachten sich, sie müssten mit ihren Rollern über die Schotterwege des Campingplatzes rasen. Da die Zelte mit Neigung vom Weg abfallend für den Wasserabfluss standen, fühlte es sich an, als ob sie an unseren Köpfen Rennen fahren. Auch als Neuankömmling muss man nachts mit dem Auto über den Zeltplatz fahren. Die Kraft der Russen endete diese Nacht schon gegen 0:00 Uhr, danach begann ihr Schnarch- und Hustenkonzert. Es war uns eine Lehre für die nächsten Campingplätze. Wir standen also auf, packten alles zusammen und gingen in Ruhe frühstücken. Der Essensbereich war bis auf wenige Traveler, die ganz aufgeregt die letzten Dinge in ihre Rucksäcke für die anstehende Langstreckenwanderung packten fast leer. Kurz vor 7:00 Uhr gingen wir mit Sack und Pack zum Grayline Busterminal. Der Bus fuhr pünktlich 7:30 Uhr zum Flughafen Keflavik ab, an dem wir unser Mietauto abholen mussten. Island war lange ein militärisches Drehkreuz für die USA und Großbritannien, um eine Zwischenbasis auf dem Weg nach Europa zu haben. Lange waren tausende amerikanische Soldaten ab 1951 im Stützpunkt bei Keflavik stationiert und der Flughafen ein Militärflughafen. Die amerikanische Besatzung hat Island unabhängig werden lassen, doch noch heute gibt es einen amerikanischen Stützpunkt in Keflavik. Die Soldaten sind von den Isländern nicht gerne gesehen, auf das Geld, welches jährlich nach Island fließt, möchten sie ebenso wenig verzichten, wie manch anderer europäische Staat. Was man allerdings anmerken muss, ist die sehr gute englische Sprache, die fast jeder Isländer selbst im Hinterland spricht. Ein eigenes Militär besitzt Island nicht.

Am Flughafen angekommen sagte uns googlemaps, dass wir 3,5 km laufen mussten, herzlichen Glückwunsch, mit all unseren Sachen auf dem Rücken. Leider wollte der Busfahrer keinen Zwischenstopp für uns einlegen. Also gingen wir in den Ort Keflavik, kurz vor dem Ziel überholte uns das Flughafen Shuttle, welches uns hätte abholen können. Von diesem wussten wir leider nichts. Betrachtet man den positiven Nebeneffekt, sahen wir viele anfliegende und abfliegende Flugzeuge, das hatte auf jeden Fall etwas. Ein unfreundlicher Autovermieter versuchte uns noch so manch eine Versicherung aufzuschwatzen, um noch ein paar Kronen Gewinn zu machen. Pannenschutz-versicherung, Sandsturmversicherung, Mitfahrerversicherung usw. Nur wichtig war für uns, dass wir beide fahren konnten, denn wer sollte wissen, was in den nächsten 8 Tagen passieren sollte?

Aus dem gemieteten weißen Hyundai i10 wurde ein roter Kia Picanto, der aufgrund seiner Dellen, Kratzer, Steinschläge vom Vermieter als „Christmastree“ bezeichnet wurde. Wir betitelten ihn liebevoll als „Rudi“. Übersät mit orangefarbenen Punkten, die offensichtliche Schäden markierten, machten wir noch einige Fotos von nicht markierten Kratzern, Dellen und Asphaltspritzern. Man weiß ja nie … Die angebotenen Versicherungen waren bei der Gegenüberstellung mit dem Fahrzeug gar eine Frechheit. Ein neuer Hyundai i10 stand in Aussicht, ein alter Kia Picanto wurde es und das für 850 € bei 8 Tagen Mietdauer. Ein teurer Spaß.

Dann ging es schon los, eine ausgelatschte Kupplung, lasche Bremsen und das Beschleunigungs-verhalten eines Rennesels führten uns zuerst über Reykjavik nach Thingvellir. Dies ist einer der bedeutendsten Plätze Island und Teil des Golden Circle. Als historischer Versammlungsplatz wurden hier Bekanntmachungen oder Gesetze verkündet und beschlossen, zwei Wochen im Jahr galt seine Nutzung als Gerichtsort. Schlussendlich wurde hier 1944 Islands Unabhängigkeit vom 1918 unterzeichneten Unionsvertrag mit Dänemark und die Republik ausgerufen.

Herzlich Willkommen dem Massentourismus, nachdem wir durch das Kamerasystem beim Befahren des Parkplatzes gefilmt und somit im Parkplatzbezahlsystem registriert wurden, flogen an uns die Menschenmassen nur so vorbei. Wer hätte es gedacht, japanische und deutsche Touristen … Als wir Reykjavik verließen, fiel uns schon das Tui „Mein Schiff“ auf, hier hatten wir nun die Touris auf ihrem Landgang neben uns. Mit Mein Schiff Schildern führten/rannten die Guides mit den Touris umher, nur dass man ca. 10 m hinter den Guides nichts mehr verstand ☹. Auch diese Gruppe hatten den Golden Circle aus Thingvellir, Gullfoss, Geysir und Reykjavik gebucht. Merke für später, Schiffs-ausflüge am besten selbst organisieren, denn Mainstream ist ja genau unseres, was wir lieben und nun waren wir mittendrin …

Geologisch betrachtet ist der Thingvellir-Nationalpark eine ganz besondere Zone, hier führt die Silfa-Spalte (Silfa - silberne Frau) hindurch. Diese kilometerlange, spaltenförmige Verwerfung endet im Thingvallavatn und entstand durch das Auseinanderdriften der nordamerikanischen und eurasischen Platte. Beide Platten driften jährlich etwa 7 mm auseinander, was dazu führt, dass Island eines der wenigen Länder ist, welches stetig wächst.

Wir schauten uns das Gelände und den Wasserfall an und gingen zurück. Bisher wussten wir von der oben beschriebenen Parksituation noch nichts. Eine zu dieser Zeit ziemlich fortschrittliche Technik fotografierte beim Einfahren auf das Gelände das Nummernschild und konnte über das Halterregister sofort den Fahrer und das entsprechende Fahrzeug wiedergeben. An der Parkgebühr von 750 ISK (5,30 €) kommt man also nicht vorbei. Für die Zukunft hieß es also bei der Parkplatzwahl an den Spots etwas besser aufzupassen, um die Reisekasse zu schonen.

Weiter ging die Fahrt in das uns bekannte Selfoss (Wasserfall). Mit unserer Olis-Tankkarte gab es bei jedem Tanken einen Gratis-Kaffee dazu und Luft für die Reifen. Die Olis-Tankstellen sind die auf Island am häufigsten aufzufindenden Tankstellen, allerdings auch nicht die günstigsten. Preisver-gleiche und frühzeitiges Tanken lohnen. Als nächstes stoppten wir am Wasserfall Seljalandsfoss (Foss - Wasserfall). Der Fluss Seljalandsá stürzt hier 66 m tief über die ehemalige Küstenlinie in die Tiefe. Er entpuppte sich als verstecktes Juwel, den man hinterlaufen konnte. Islandtypisch wurden wir hier auch ganz schön nassgesprayt 😊. Regenjacken sind also auch bei gutem Wetter empfehlenswert. Wir gingen ein Stück weiter und kamen zu weiteren Wasserfällen. Der Weg zu einem besonderen Wasserfall lief durch eine schmale Felsspalte. Die kleinen, wackeligen Steine im Bach, der durch die Spalte lief, erforderten Trittsicherheit und gutes Gleichgewicht. Nicht jeder Besucher traf die Steine, so dass der ein oder andere Schuhe durchgeweicht war oder Besucher doch im Wasser stand. Der versteckte Wasserfall in der nach oben hin offenen Höhle lohnte. Durch die einfallende Sonne, das Spray und die Geräusche des fallenden Wassers entstand eine mystische Kulisse.

Auf dem Weg zum „Geheimtipp“, einem im November 1973 abgestürzten US-Army Flugzeugs am Black Sand Beach fing es schon an zu regnen. Der übervolle Parkplatz zum Flugzeug zeigte schon, wie geheim dieser Tipp war. Allein in der Zeit von 1941 - 1973 sollen auf Island 385 US-amerikanische Flugzeuge abgestürzt oder notgelandet sein. Damit der Besucher nicht in Not gerät, hing am Eingang zu dem Privatgelände ein Sicherheitsschild - Hinweise zum Tragen einer doppelten Kleiderschicht. Für die Laufdauer von 3-4 h (7 km) sollte man auch genug zu trinken dabei haben. Was für ein Witz …

Also ging es 3,5 km durch strömenden Regen entlang einer GravelRoad zum schwarzen Strand. Am Flugzeug angekommen, waren dort auch einige Menschen. Es ist schon komisch, wenn man weiß, dass mit dieser Maschine Menschen abgestürzt sind, der silberne Aluminiumtorso aber trotzdem zu einem Spot gerade für Influencer wird. Aufgrund des schlechten Wetters blieb uns nur das typische Touriverhalten: In die Kamera lächeln, Bilder schießen und wieder zurück zum Auto. Dann hieß es erstmal: Leg ein Striptease hin, runter mit den nassen Sachen vom Leibe und eine trockene Schicht auf den Körper, nicht zu vergessen die Heizung auf volle Stufe und die Sachen trocknen. Die Scheiben dankten es mit Beschlagen von innen.

Weiter ging es nach Dunhavi, eigentlich wollten wir diesen Punkt aufgrund des Wetters auslassen, zum Glück fuhren wir intuitiv doch dorthin. Schwarze Felsblöcke im Meer und ein schwarzer Sandstrand waren eine willkommene Kulisse für eine Fotosession. Hinauf in den abgesperrten Bereich, als „Berggämse“ macht uns eine kleine Kletterei im gefährlichen Bereich nicht so viel aus …

Sarah erspähte den ersten Puffin (Papageientaucher oder lt. mir einfach nur Haubentaucher) und das Auto machte mit uns die erste Schotterbekanntschaft, wir mussten ja langsam anfangen. Island hat viele verschieden Straßenarten. Wir hatten uns für unseren 8-tägigen Roadtrip die Ringstraße gegen den Uhrzeigersinn ausgesucht. Bis auf einen Bereich im Osten ist sie sehr gut asphaltiert. Abstecher von ihr erfolgen meist auf feiner, rotschottriger GravelRoad. Die F-Roads sind ausschließlich für geländegängige Fahrzeuge ausgelegt. Alle Mietautos sind auf Island GPS-getrackt, mit ihnen ist es verboten, die F-Roads zu befahren. Hätten wir gewusst, was manchmal noch vor uns lag …

Das letzte Ziel nach einem Zwischenstopp in der ICEWEAR-Fabrik von Vik und dem sehnlich erhofften Stirnband hieß um 22:00 Uhr Skaftafell. Fernab großer Gruppen stellten wir unser Zelt im Resort auf und aßen noch eine Tomatensuppe. Danach waren wir reif für´s Bett. Was alles Erstaunliches um uns herum lag, nahmen wir nicht mehr wahr.

 

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Unsere 4 Augen - HS Life on Road

Das sind wir, Hardy und Sarah. Wir waren mit unserem Citroen Jumper "Polwan" ein Jahr auf Tour und haben dabei viel erleben dürfen. Schaut doch einfach selbst, was alles geschah.

 

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