Verguckt in Rumäniens Metropole – Bukarest (ROU-5)
- Hardy
- 12. Juni 2021
- 4 Min. Lesezeit
10. - 11.06.2021 - Eben noch in der Ruhe des Klosters Ceranica und schwupps waren wir mitten im Großstadt-Verkehr und Getümmel von Bukarest. Bukarest ist die Hauptstadt und mit Abstand größte Stadt Rumäniens. Mit knapp 2 Mio. Einwohnern wohnt hier 1/10 der rumänischen Bevölkerung.
Zuvor hatten wir schon viel von dieser Stadt gelesen, nun machen wir uns von ihr mal ein eigenes Bild. Relativ wild spurwechselnde Autos und etwa 10 Kilometer später fanden wir an einem Vergnügungspark einen wundervollen Stellplatz. Gefühlt waren wir im Paradies, kurzer Weg zur Stadt, hinterm Auto ein Spielplatz 😊 und ein riesiges Sportareal mit zig Sportplätzen für allerlei Sportarten. Jede Sportuni wäre wohl bei der Hälfte schon neidisch. Die Stadt selbst ist in Sektoren aufgeteilt und wir waren im Sektor 4. Dies konnte man auch an allen Bänken, Schildern etc lesen. Da schwingt wohl stets etwas Sektorenstolz mit.
Wie Sarah gestern schon schrieb, wollten wir uns ähnlich Madrid auf den Weg zur Touri-Info machen und einen Stadtplan zur Planung holen. Gut, da die Touri-Info schon geschlossen hatte, ging es noch auf die Pirsch. Wir schauten uns die Altstadt an, die durch viele prunkvolle Gebäude (meist Bankgebäude), Bars und Restaurants gekennzeichnet ist. Auch ein kleines Kloster (Stavropoleos-Kirche) findet das geübte Auge. Wer das Auge von den großen Gebäuden weggerissen bekommt und ihm eine Chance für Details gibt, wird definitiv fündig. Kleine Gassen werden zu Szenespots, wie z.B. eine Künstlergasse, ein Arkadengang mit Glasdach oder eine Schirmgasse. Heute muss man glücklich über alle erhaltenen Gebäude aus dem 15./16. Jahrhundert sein. Denn der rumänische Machtherr Ceausescus, ließ 1/5 der Altstadt damals zerstören, um seine Gedanken einer sozialistischen Stadt durchsetzen zu können, wobei die Altstadt zum Slum wurde. Ich weiß nicht warum, aber gefühlt beinhaltet die Altstadt extrem viele französische Elemente an den Geäude. Es ist auf jeden Fall auffällig.
Traut man sich aus der sehenswerten Altstadt heraus, so wie wir es am zweiten Tag machten, bekommt der Besucher von Bukarest ein anderes Bild. Heute muss eine Abschlussgraduierung von Schülern stattgefunden haben, denn ganz viele Achtklässler liefen gut oder in Klassenshirts gekleidet durch die Stadt, viele von ihnen hatten auch Blumen oder Blumenkränze. Eine Abschlussveranstaltung konnten wir am Athenäum (Konzerthalle) mitansehen. Wir besuchten auch den 1847 eröffneten Park Cismigiu (eine absolute Ruheoase im Großstadtdschungel), das nationale Kunstmuseum, den Platz der Revolution, den Arc de Triumph und das Heldenmonument.
Allerdings thront über der gesamten Stadt ein Gebäude, es ist der Parlamentspalast. Mit seiner extremen Größe ist das 1984 erbaute Bauwerk nach dem Pentagon das zweitgrößte Verwaltungsgebäude der Welt. Mit etwa 3.000 Räumen zeigt dieses Gebäude den damaligen kommunistischen Wahnsinn von Ceausescus, sich durch Gigantenbauten zu etablieren, noch dazu in einer Zeit, in der das rumänische Volk sehr arm war.
Zwischenzeitlich stellten wir fest, dass uns für eine Metropole noch eine große Kirche fehlte. Beim etwa 3 km langen Rundweg um den Palast fiel sie uns dann mit ihren Gold glänzenden Dächern und roten Backsteinen direkt ins Auge. Aber Achtung, hier steht keine historische Kirche, hier entsteht gerade der nächste Gigantenbau. Die neue Nationalkirche wird von Grund auf aus dem Boden gestampft. Trotz ihrer gewaltigen Größe verliert sie sich etwas hinter dem Palast. Die Grundsteinlegung erfolgte 2010 und heute findet der Besucher schon ein mächtiges Bauwerk mit Vorplatz und Seitenbauten vor. Es wird wohl eine der gigantischsten Kirchen weltweit.
Was wollen wir euch für Bukarest mit auf den Weg geben?
Fangen wir erstmal an zu mäkeln. Die Stadt ist ziemlich groß, wer mit dem Auto kommt, muss sicher fahren, denn bei vielen Kreisverkehren ist ein schneller und richtiger Spurwechsel entscheidend, sonst geht es einfach woanders hin. Lücken bieten sich nicht oft und der Bukarester PKW-Fahrer ist fast immer gestresst und hupfreudig. Man erkennt die Zeit des Kommunismus ziemlich stark, denn viele Gebäude sind alt, hässlich, klotzig und braun. Die baulichen Schandflecken sind für´s Auge nicht gering.
Wir könnten es durchaus weiterführen, doch wir haben uns in die sechstgrößte Stadt der EU auch verguckt, denn man sieht, wie viel Arbeit in die Restauration und Aufhübschung der Stadt gesteckt wird, Fassaden, alte Gebäude werden renoviert. Gefühlt ist Bukarest die Stadt, in der wohl am meisten gewerkelt wird, um zu strahlen. Wir brauchten aber definitiv auch den heutigen zweiten Blick, ein Auge für prunkvolle Gebäude, die Details, die Parks, die in jedem Sektor zur Verfügung stehen.
Ein Detail sind z.B. antike schwarze Uhren, die in jedem Park stehen und die Aufschrift Bukarest und des jeweiligen Parks tragen. Hier zieht sich die Corpurated Identity durch, ebenso bei den Sektor-Schildern. Man spürt förmlich den „Sektorenstolz“. Generell haben wir uns in Bukarest sehr sicher gefühlt, die Fahrradfreundlichkeit ist teilweise schon gegeben. Doch findet man oft auch Fahrrad-Sperrschilder für Straßen und an den zu nutzenden Fußwegen gibt es dann oft keine Abfahrten. Bukarest ist definitiv eine Reise wert und eine der wohl unterschätzten Hauptstädte Europas.
Nach der Besichtigung per Bike ging es in den Freitag-Feierabendverkehr Bukarests … Start-Stopp-Autos sind hier echt arm dran, im gefühlten Schneckentempo rollt die Blechkarawane. Mitfließen ist das Stichwort und nicht auffallen. 😊
Die Stellplatzsuche entpuppte sich heute mal wieder als etwas kompliziert, nach dem zweiten Versuch standen wir idyllisch am See. Doch nach einer knappen Stunde kam ein Security und bat uns, den See zu verlassen, weil es wohl ein Privatweg wäre. Schade, denn erst der dritte Platz danach entpuppte sich als Volltreffer. Nicht am Wasser, aber mit WIFi und nur 2 km von unserem morgigen ersten Ziel entfernt stehen wir mückenfrei, schattig und etwas im Zug … bei 29 Grad ganz angenehm.
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