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Verloren in Lostplace Sowjethotels – Sevan (ARM-4)

  • Hardy
  • 18. Aug. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

17.08.2021 – PONG - und schon saßen wir um 5:00 Uhr morgens im Bett, was war das denn jetzt schon wieder. Keine Schritte um uns herum, keine Bewegung, nichts was auffällig wäre. Was tun, wir waren kurz vorm Fahren, man weiß ja nie, hörte es sich fast wie ein Schuss auf´s Fahrzeug an. Nach kurzem Warten blieben wir dann aber doch stehen, machten den Polwan aber abfahrtfertig, falls nochmal etwas sein sollte.

Bis zum Frühstück passierte zum Glück nichts mehr, der Appetit erhöhte sich noch fast, als ein Anwohner mit blutigen Schlachtabfällen zum Müll lief. Kritisch schauen tun fast alle, aber wenn wir ihnen zuwinken, blühen sie auf und winken lachend zurück. Armenien hatte und hat es geschichtlich nie einfach gehabt, was allerdings kein Grund für den Müll sein darf. Auf den Straßen stehen immer wieder viereckige Behältnisse, doch fehlen ihnen Deckel, was Hunde und Wind hineingreifen lässt und eine ausreichende Abholfrequenz. Tiflis (GEO) war für uns prägend, oftmals stapelte sich der Müll um die Tonnen in der Höhe der Tonnen und bei knapp 40 °C wisst ihr, was passiert. Ab und an mussten wir ganz langsam durch Lachen von Müllwasser fahren, um uns nicht zu bespritzen. In einer Talstadt läuft solches Müllwasser leider. Oft denken wir: Nur 10 min, dann wäre dieser Platz sauber. Ähnliches denken wir uns auch bei vielen kleinen Ruinen von Lädchen oder Häusern, es wäre so einfach …

Geschlafen haben wir direkt nördlich vom Sevansee. Er gilt als größter Süßwassersee des Kaukausus´ liegt auf 1900m, hat eine Längenausprägung von 78 km, ist max. 6 km breit und kann komplett umfahren werden. Fahren war heute früh das Stichwort, beim ersten Versuch ging der Motor einfach wieder aus, holperte beim zweiten etwas, lief dann aber wieder wie ein Bienchen. Mal wieder etwas, was es zu beobachten gilt. Am Sevansee findet man, wie bisher in ganz Armenien sehr viele Ruinen, die nie fertiggestellt wurden, sie sind die stummen Zeitzeugen der Sowjets und werden die Armenien wohl ewig begleiten. War es heute früh ein 10-geschossiger Kastenbau mit großen Antennen, stehen wir nun an einer Ruine, die wohl ein Hotel werden sollte. Die Außenanlage plus Strand sehen fertig aus, dem Hotel fehlen Dach, Fenster und Verkleidung. Die Lage ist wirklich toll, mitten im Grünen, umgeben vom Naturschutzgebiet. Für Lostplace-Liebhaber scheint Armenien das absolute Paradies zu sein, denn Zäune oder Absperrungen gibt es keine.

Mit laufendem Motor ging es zwischendurch nach Sevan, hier ragt eine Halbinsel in den See hinein. Ähnlich wie Monemvasia (GRE) erhebt sich auch diese Halbinsel ordentlich und ist oben mit einem Kloster bebaut. Die zahlreichen Souvenirläden zeugen mal wieder von einem Touristenmekka, zum Glück war es heute nur ein großer Reisebus. Ist man auf der Durchreise, bietet sich das Kloster an, extra hinfahren muss man nicht. Zwei deutsche Youtuber schienen daraus allerdings trotzdem eine ausführliche Story zu machen. Mit Mikrofon am Handy, Stativ, Kamera und Kamera-Handy-Verbindung wurde interviewt, 360°-Sichten präsentiert usw. Wir sind froh, nicht auf solche Medien angewiesen zu sein, sondern unseren Blog und Instagram aus Spaß machen zu können und nicht nach Followerinteresse zu arbeiten.

Angesagte Sonne bei 20°C sollten für uns die perfekten Seetagbedingungen sein, den anhaltend grauen Himmel und Regen nutzen wir mal wieder, um ein paar Dinge aufzuarbeiten. So dachten wir bis zu diesem Zeitpunkt.

Nach einem Spaziergang am Ufer des Sees und einer Stippvisite am Lostplacehotel kam unser Stellplatznachbar zu uns. Er macht für einen Monat Urlaub mit seiner Mutti und Oma in einer Art selbstgebauten Zeltstadt. Artur bot uns an, dass wir immer zu ihnen kommen können, wenn wir etwas bräuchten und lud uns kurzerhand zum Kaffee ein. Aus dem Nachmittagskaffee wurde … Seine Mutter, Lehrerin in Jerewan und er IT-Experte sprachen gut Englisch, etwas vorschnell ließen wir uns von den Plastikplanen ihrer Zeltstadt täuschen. Es wurde wieder aufgetischt, zum Kaffee einladen ist nicht in 10 min abgetan. Zuerst gab es armenisches Brot mit Gemüse und selbstgemachten Fischbuletten mit frischem Fisch aus dem See, Vodka für Freunde, Obst in Hülle und Fülle. Dann gab es Kaffee. Unterdessen kamen immer wieder Dorfbewohner, um „Barev“ (Hallo) zu sagen, denn die Familie macht hier seit 35 Jahren Urlaub und ist bekannt wie ein bunter Hund. Dann gab es Kuchen, Keks und noch mehr Obst und selbstgemachten Tee. Wir erfuhren so viel über die Armenen, ihre Geschichte, Probleme bei der Staatenbildung, Glauben etc. Es war wirklich interessant. Da wir Artur fragten, ob er etwas über den Lostplace weiß, organisierte er uns ein Betretungsrecht, er kannte den Wachmann … Zusammen besuchten wir den Lostplace, ein in den 70ern erstelltes Sowjetprojekt, welches einen dreieckigen Bau aus Rio nachahmen sollte, aber nie fertig geworden ist. Von der Eingangshalle gibt es einen großen runden Durchguck bis zur letzten Etage, in die wir über die vorhandenen Treppen gingen. Der Ausblick war sensationell, war es doch die Präsidentensuite. Die Form des Pools war von oben als die Form des Sevansee zu erkennen. Wieder unten ging es durch einen offenen Raum, in dem das natürliche Felsgestein unbearbeitet den Boden und die Wand bildeten, angrenzend ein großer Spa-Bereich und ein Restaurant mit einem Foilboot, welches bis vor 50 Jahren noch auf dem Sevansee fuhr als Eingang. Beachtet man die Leerstandszeit von 50 Jahren, erscheint die Baustruktur sensationell, kein Wassereinbruch, keine zerstörten Bauteile, selbst die noch eingebauten Fenster öffnen und schließen.

Nach dem Lostplace ging es noch auf einen Kaffee zu einem Freund von Artur, schnell standen wieder geschnittenes Obst, kleine Freunde und ein Espresso vor uns. Kurz nach 21:30 trennten sich unsere Wege, führen aber morgen früh wieder zusammen. Er möchte uns auch unbedingt Jerewan zeigen, weil er zusammen mit uns Radfahren will. Nirgends waren die Menschen so gastfreundlich, wie in Armenien. Wir staunen einfach jeden Tag wieder und kommen gar nicht zu dem, was wir eigentlich schaffen wollen.

 

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Unsere 4 Augen - HS Life on Road

Das sind wir, Hardy und Sarah. Wir waren mit unserem Citroen Jumper "Polwan" ein Jahr auf Tour und haben dabei viel erleben dürfen. Schaut doch einfach selbst, was alles geschah.

 

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