Verschlungen im Dschungel - Kutaissi (GEO-12)
- Hardy
- 30. Juli 2021
- 5 Min. Lesezeit
28.07.2021 – Vielen Dank an Josef Stalin, denn mit der Erschaffung des Kurparks vor etlichen Jahrzehnten ermöglichte er uns eine hervorragende Nacht mit viel Regen. Doch pünktlich am Morgen hörte es auf, denn noch einen Tag hätten wir unsere Vorhaben nicht aufschieben können.
Der Kaffee war ausgetrunken, die neuesten Olympianews dank des Wlans in 200 m Entfernung gecheckt, der Sitz gedreht, alle Schränke verschlossen und die Route geplant. Na dann mal los in den Tag. Wie schon berichtet, ist Georgien ein Land der höheren Landerhebungen, so ging es wieder hoch und runter, entlang schmaler Serpentinen und entgegenkommenden Autofahrern, die stets meinen, ihr SUV sei so breit, dass sie über der Mittellinie fahren müssten …
In Batumi spielte man uns das 22. Jahrhundert vor, danach waren wir wieder im 18. – 19. Jh. gelandet, in den Dörfern stehen neben ärmlichen und normalen Hütten viele schöne, große und teilweise prächtige Häuser, nur müssten sie dringend renoviert werden. Dann prägte Sarah den Satz des Moments: „Ein Handy ist eben schneller gekauft, als eine neue Fassade:“ Klar, egal wo wir bisher waren, ein Handy hatten alle.
Wir stellten den Polwan am Straßenrand ab und schnappten uns die MTBs. Die traumhafte, extrem grüne und bergige Landschaft lässt sich so viel mehr wahrnehmen. Neun Kilometer waren es bis zum ersten Ziel, den Okatse Waterfalls. Ein Berg war zu überwinden, ein zweiter bis zum Gipfel, die enge und steile Serpentinenstraße zwang uns sogar zum Absteigen. Für 17.25 GEL/Pers. (5 €) ging es auf Stegwegen zu den Wasserfällen. Neben einigen kleinen Wasserfällen bildet der 3-stufige Kinchkha mit etwa 450 m den höchsten Wasserfall Georgiens. Für weitere 50 GEL kann man mit einer Zip-Line in die Tiefe fahren. Die Zip-Line ist sehr überteuert, der Eintrittspreis für die hiesigen Verhältnisse auch. Der Besuch lohnt sich trotzdem, wenn mehr Besucher da sind, habt ihr vielleicht keinen Ranger an den Hacken.
Zurück auf die Räder und 7,5 km zurück, das nächste Naturmonument stand an. Wir hatten uns extra als erstes für den Wasserfall entschieden, da wir bei längerer Radzeit auf mehr Sonne hofften, die dann auch nach und nach kam. Am Okatse-Canyon ging es für ebenfalls 17.25 GEL hinein, nach 2,2 km Wanderstrecke durch einen grünen Naturpark und einer Kirchenruine kommt man am Canyon an. Wer den Fußweg vermeiden möchte, kann sich von einheimischen Jeepfahrern für 50 GEL (15 €) fahren lassen, nach dem ersten Nein, gehen sie auf 40 GEL (12 €) herunter, doch wir brauchten ihn nicht. Bei der Radfahrt hatten wir die Haut schon ordentlich perlen lassen, ein weiteres Mal war also auch kein Problem. Am Canyon angekommen, werden die Tickets in Form von Kassenzetteln mit QR-Code gescannt. Alle Attraktionen laufen über einen Anbieter mit demselben Layout, Georgien hat seine hohe touristische Wirkung erkannt und setzt dies nun gewinnbringend um. Nun geht es auf Treppen an der Felsenwand hinab, bis man durch eine vollumzäunte Schleuse kommt und nun nur noch auf Stegen entlang der Schluchtenwand geht. Der Bau der Anlage muss extrem aufwendig gewesen sein, somit ist hier der Eintritt auch gerechtfertigt. Der Weg ist etwa 800 m lang und endet dann auf einer frei über dem Canyon liegenden Plattform, die die perfekte Aussicht und Fotolocation bietet. Habt ihr Glück und die Plattform nur für euch alleine, werden es wohl die besten Urlaubsfotos. Es ist schon beeindruckend, etwa 200 m über dem Fluss in der Schlucht zu stehen, doch Vorsicht ist bei Höhenangst geboten. Wir sahen einige, die den Weg bis an das Geländer lieber unterließen, auch die Geländerhöhe unterhalb meiner Gürtellinie wirkt nicht auf alle sicher. Doch verglichen mit den Svantowern fanden wir hier einen Hochsicherheitstrakt vor. Wir verleihen das Prädikat sehenswert.
Hatten wir die Sonne bei den Aktivitäten auf unserer Seite, zog es nach dem Ausgang des Canyons bedrohlich schwarz zu. Schnell auf die Räder und ab zum Bus. Sekunden nur nach dem Verlanden öffnete der Himmel seine Tore und ließ einen Platzregen nieder. Mal wieder Glück gehabt. Die Scheibenwischer liefen im Dauerbetrieb und schoben das Wasser nur so weg, mussten wir auf dem Hinweg eine kleine Wasserstelle furten, war daraus schon ein ordentlicher Bach geworden.
Bei einem Zwischenstopp versorgten wir uns noch mit Eis und Mittag. Wir mussten uns nur an einen Stand anstellen und hatten schon 4 Hunde um uns herum. Als wir das Essen in der Hand hielten, ging die Verfolgung los, aus 4 wurden 6. Sie folgten uns über die Straße, in einen Park, die dortige Hundegang verteidigte ihr Revier lautstark und beim Hinsetzen waren es noch 2. Das penetrante Gehabe zwang uns schon vor dem Essen zu einem Platzwechsel auf ein Podest, auf welches die Hunde nicht springen konnten, aber es ständig versuchten. Im Gegensatz zu anderen Ländern sind die Hunde hier relativ entspannt, doch es sind eben extrem viele. Bei unserer Weiterfahrt standen direkt vor den Schiebetüren eines Ladens 7 Hunde auf Spannung, dass die Türen sich öffnen. Da möchte ich nicht gerade beim Fleischer gewesen sein …
Apropo Fleisch, dieses gab es heute beinahe auch am Polwan. Ihr habt von uns schon gelesen, dass die Kühe hier stets und ständig auf den Straßen liegen und laufen. Kommen Autos, bewegen sie sich nicht aus ihrer Richtung, manchmal fährt man rechts oder links vorbei. Eine Kuh auf unserer Spur zwang uns auf die linke Spur, nur wechselte auch die Kuh im letzten Moment, eine Vollbremsung war die letzte Rettung. Ähnliches auch bei einer plötzlich auf die Straße rennenden Kuh, da war das kurz vorm Kühler vorbeiflatternde Hühnchen noch das geringste Übel. Ein Schwein hatte ich aufgrund von Hunden fast übersehen. Es ist spannend auf Georgiens Straßen, vielleicht gibt es doch noch selbstgemachtes, gemischtes Hack.
Zu guter Letzt, war der Tag eigentlich schon voll genug, besuchten wir noch Kutaissi. Vorgestern waren wir hier schon einmal, jedoch enttäuscht vom eigentlichen Stellplatz, so nahmen wir uns die Stadt noch für einen Kurztrip vor. Wir wussten ja in etwa, was uns erwartet. Über die White Bridge ging es in die Altstadt zum königlichen Viertel, der Name hört dich besser an, als es wirklich ist. Es gibt einige schöne Punkte, wie den Hutmann auf der White Bridge, eine Gasse mit Graffitis, die Oper und das Theater, doch der wohl schönste Ort ist hoch oben an der Kathedrale, die über der gesamten Stadt thront. Sie war lange zerstört und um 2000 wiederaufgebaut worden. Alte Steine, Reliefs sind mit neuen gekonnt verbunden, sogar moderne Architektur hat Einfluss bekommen, ein wirklich ansehnlicher Wiederaufbau, der bei einem Stadtbesuch von Kutaissi auf keinen Fall fehlen darf.
Auf dem Green Market gab es noch etwas Obst für uns. Aktuell können wir Brombeeren stets selbst pflücken, Pflaumen gibt es wie Sand am Meer zu kaufen und bei einer Honigmelone stimmte uns der Preis nicht ganz und Lust, sie zu tragen hatte keiner von uns. Doch dann ging der Händler plötzlich auf 3 Lari für 3 kg Honigmelone herunter (0,90€), nun begleitete uns eine Honigmelone auf unserem Städtetrip. Eine hiesige Spezialität versuchten wir auch, aktuell gibt es Massen an Haselnüssen und Nüsse werden hier in eine Art Gummimantel einhüllt, welche wie Gummibären schmeckt. Lassen wir uns mal überraschen.
Zum neuen Stellplatz ging es dann auch noch, beiden fielen uns die Augen praktisch schon zu, nach 15 min waren wir aus der Stadt raus und stehen in den Bergen an einem Kloster. Die Gelbweste war auch schon am Start.
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