Verzaubert in Georgiens Paris – Tbilisi (GEO-22)
- Hardy
- 8. Aug. 2021
- 4 Min. Lesezeit
06.-07.08.2021 - Radfahren in einer Stadt, in der das Autofahren auf der rechten Seite schon kein Spaß macht? Nein, auch das Radeln ohne jeglichen Radfahrstreifen macht hier keinen Spaß, deshalb sieht man hier wohl auch kaum einen Pedalenritter. Wir kämpften uns durch, waren so manch Motorhaube oder Kotflügel näher, als uns lieb war.
Tbilisi ist eine Stadt, die inmitten von Bergrücken liegt und somit langgestreckt entlang eines Flusses gebaut wurde. Heute erstreckt sich die Bebauung auch über die Bergrücken hinaus. Aus einer Reportage erfuhren wir über die moderne Baukultur des ehemaligen Machthabers. Schon beim Befahren sahen wir moderne Hochhäuser, die Oper in zwei gigantischen Metallröhren, den prunkvollen, aber leeren Präsidentenpalast auf einer Anhöhe und die Friedensbrücke, die mit einem geschwungenen Glasdach überspannt ist. Spötter meinen, sie sehe aus wie eine überdimensionale Damenbinde.
Die Firma Porsche hat gleich dahinter in einen großen Gasballon investiert, mit dem man in die Höhe fahren und die Stadt überblicken kann. Offiziell sind wir noch in Europa, geografisch schon in Asien, aber bereits sehr in der Nähe von Arabien. Diesen Einfluss merkt man der Stadt schon an, einem Ort mit heißen Quellen, die man besuchen kann. Viele nutzen das schwefelhaltige Wasser zum Duschen, geschlechtergetrennt. Wer mit seiner besseren Hälfte ein Bad mieten möchte, zahlt extra. Hinter den Bädern versteckt sich ein Wasserfall, auf Touristen wartet man hier mit Pfauen, Falken, Obst, Saft oder Weineis. Die untergehende Sonne nutzten wir noch für ein paar schöne Aufnahmen, kletterten dafür extra zum Fortress hinauf, welches man auch entspannt mit einem Cablecar besuchen kann. Auf diesem Hügel wacht die heilige Mutter – Tamara über das gesamte Land als riesige Statue mit Schwert und einer Schale Wein. Zum Abstieg probierten wir noch das Weineis mit Rotwein, es ist zu empfehlen.
In der Altstadt sprach uns dann ein kleines Mädchen auf Deutsch an, sie wollte uns in ein Café einladen. Für uns viel interessanter, woher sie so gut Deutsch spricht. Sie lebte 4 Jahre in Bad Harzburg … was für Zufälle, klein ist die Welt.
Nun mussten wir uns beeilen, es wurde dunkel, mit den Rädern auf Tiflis´ Straßen, nicht ganz ungefährlich … immerhin 15 km und über 200 hm bis zum Polwan. Bei tollen Bedingungen konnten wir noch ewig draußen sitzen. So stellt man sich das vor 😊
Ein paar startende und landende Flugzeuge des Hauptstadtflughafens und ein Elektrofestival machten sich bemerkbar. Doch bei offener Hecktür konnten wir ziemlich gut schlafen, auch weil die Temperaturen auf ein erträgliches Maß sanken.
Heute Morgen war das wieder anders, schnell kletterten die Zahlen, nach einer Tour auf dem Tifliser Meer ging es zum Stonehenge Georgiens. Auf einem Berg ist ein riesiges Monument mit allen Machthabern und Staatsentwicklern Georgiens aufgebaut. Unsere Augen waren mit den aufgezeigten Informationen schier überfordert, man benötigt auch einige Zeit, um alles wahrzunehmen. Des Weiteren bietet diese Erhöhung einen weitläufigen Ausblick über das Tifliser Meer oder über große Teile der Stadt. Also nichts wie rein, an der Friedensbrücke stellten wir die Räder ab, da sie uns ab jetzt nur noch im Wege gewesen wären. Einige Treppen hinauf kommt man zur Stadt überthronenden Holy Trinity Church, der Dreifaltigkeitskirche. Ein pompöser Platz und Garten laden den Besucher ein, wir konnten auch kurzzeitig eine Prozession mitverfolgen. Hinab ging es direkt vorbei am Präsidentenpalast und durch einen Park, in dem die auffälligen Musical-Röhren stehen. Tiflis ist wirklich keine Stadt für Radfahrer, auch als Fußgänger hat man es nicht leicht, Hauptstraßen zu überqueren, oftmals gibt es Unterführungen. So auch an einer Brücke, an der Fotos (4 x 2m) des jährlichen Fotofestivals von Fotografen aus ganz Europa hängen. Ansonsten ist die gesamte Unterführung mit Graffitis versehen. Dafür müsste es eigentlich einen eigenen Blog geben. Der Künstler mit dem Namen #goshaart hat sich an vielen Ecken und Enden der Stadt mit Graffitis verewigt. Es gestaltet die Stadt und macht sie frisch und modern.
Im Übrigen wird in Tiflis so viel saniert und renoviert, kommt man in eine Straße und denkt, die Häuser sehen nicht mehr so taufrisch aus, kann es nur eine Querstraße weiter wunderschön sein. Selten hatten wir eine Stadt, die uns so viel Spaß gemacht hat. Manchmal kann das Auge gar nicht alles aufnehmen und vor lauter Schauen, vergisst man total das Fotografieren. Auf unserer Liste hatten wir noch das Nationaltheater, die Oper, den Zirkus und einen schiefen Uhrenturm, der eine Galerie enthält.
Bei 38 Grad im Schatten lief nicht nur die Flüssigkeit in den Mund, sondern auch massig aus den Poren und man merkt, wie eine süße Brause das Energielevel hebt. Die Altstadt ist wirklich sehenswert, so kletterten wir auch nochmal zu einer Burgkirche hoch und schauten danach noch in eine Moschee hinein.
Tiflis gehört nun zu einer unserer favorisierten Städte, die wir euch ans Herz legen können. Tiflis ist anders, als alles was ihr kennt, doch ihr werdet euch schnell wohl fühlen. Wir empfehlen euch nicht unbedingt das Rad, es sei denn ihr fahrt am Fluss entlang und seid smogresistent. Busse fahren in regelmäßigen Abständen und kosten nur einen Lacher. In der Altstadt kann man sich sehr gut zu Fuß bewegen, Citytrips mit Golfcars gibt es an jeder Ecke, Hop-on-hop-off-Touren auch. Von Tiflis kann man mit Großraumtaxis tolle Touren in die nahe Umgebung machen. Traut euch einfach mal Georgien.
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