Waldbaden im Zentralbalkan – Karlovo (BUL)
- Hardy
- 31. Mai 2021
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Juni 2021
29.05.2021 - Etwas verrückt geparkt, da nichts anderes zu finden war, standen wir direkt neben einem Einfahrtstor, aus dem pünktlich zum Frühstück die Pferde geholt worden. Doch noch pünktlicher war ein Hund, der um 4:00 ein wahres Konzert, nur 3m von uns entfernt abfeuerte.
Von unserem Stellplatz in der Nähe des Nationalparkzentrums Zentralbalkan konnten wir direkt in unsere Wanderung starten. Gleich zu Beginn nahmen wir die zwei Wasserfälle Sukurum mit, die sich an einem Wasserkraftwerk befinden. Den Hin- und Rückweg von je 400 m waren sie wert. Danach hieß es erstmal bergauf. Die Sonne ließ uns schon schnell auf´s T-Shirt wechseln. Während des Aufstieges eröffnete sich ein schöner Blick in die Schlucht. Anfangs noch gut steigend flachte der Weg über mehrere Kilometer angenehm ab. Das Gestein war gelblich marmoriert und der Weg führte uns immer wieder über den Fluss mit kleinen Brücken. Etwa 25 waren es auf dem gesamten Weg, der uns stets am Fluss an den Hütten Hubavets, Balkanski Rozi vorbei bis zur Vasil Levski Hütte führte. Mittlerweile ist man es in den Alpen gewohnt, dass die Hütten im Sommer mit LKWs, im Winter mit Hubschraubern, Seilbahnen, Liften oder Gondeln beliefert werden. Doch im Zentralbalkan gibt es diese Annehmlichkeiten nicht, hier werden die Hütten noch mit Kisten beladenen Pferden beliefert. Wir überholten auf unserem Aufstieg einen Pferdeführer mit drei Pferden. Jedes von ihnen hatte zwei große Kisten seitlich zu hängen, die mit Seilen befestigt waren. Unterwegs überholten wir noch ein mit Wanderequipment gut ausgerüstetes älteres Ehepaar und ihre bulgarische Wanderführerin mit Trainingsanzug und Stock. Mehr brauchte sie nicht.
Bis zur Vasil Levski Hütte war der Weg ein Gedicht, neben uns sprudelte der Fluss und fiel regelmäßig als Wasserfall. Der etwa 25 m hohe Karlovsko Präskaly (Wasserfall) liegt etwa 10 Gehminuten von der Vasil Levski Hütte und ist den zusätzlichen Weg definitiv wert. So kam auch der Pferdekonvoi etwas später an, in ihren Kisten befand sich Pirinska-Bier, Wasserflaschen, Kohl, Eier, Kartoffel, Fleisch usw.
Jetzt war der schönste Teil vorbei, denn wir nahmen einen nicht gepflegten Abkürzungsweg, da die Tour sonst zu lang gewesen wäre. Nur spärlich markiert ging es 350 hm steil bergauf, und wir fanden es schon anstrengend … step by step. So landeten wir durchgeschwitzt auf einer Lichtung mit Pferden, von denen eines eine Kuhglocke umhatte. Doch was nun auch endete, war die spärliche Markierung. Auf allen Nationalparkschildern stand ausdrücklich, die Wege sollen nicht verlassen werden, weil diese relativ bärensicher wären, der Bär ist übrigens auch das Symbol des Nationalparks. Der Abgleich des Geländes und der Karte ließ uns etwa 1,5 km querfeldein gehen, es waren wohl aber nur Tierpfade im Kiefernwäldchen, bis wir wieder auf den gut markierten Abstieg stießen.
Entlang der Nebelstangen und der weiß-roten Markierung führte uns der Weg auf eine Lichtung, entlang eines Baches weiter hinunter, wo wir schon bellend von einem großen Hütehund und einer Herde von etwa 350 Schafen begrüßt wurden. Die Erfahrung zeigte, Vorsicht vor Hütehunden, er lag übrigens direkt auf unserem Wege. Die sehr ungepflegte Schäferin sicherte uns den Weg und stellte sich in die Nähe des Hundes. Danach folgte nur noch Abstieg, teils über Stein oder in Rinnen, vorbei an der Ravnets Hütte. Als wir am Auto ankamen, waren wir nicht traurig darüber.
Wie kann man den Weg einordnen? Der Aufstieg bis zur Vasil-Levski Hütte war ein Traum und ist nur zu empfehlen, es sind etwa 1000 hm und 12 km in eine Richtung vorbei an Buchen-, Birken- und Nadelwäldern zu überwinden. Man kann auch noch bis zum höchsten Berg der Region, dem Botew )2376 m gehen und bei der Rückkehr auf der Hütte schlafen. Die steile Abkürzungspassage empfehlen wir nicht, sie ist nicht nur anstrengend, sondern bietet auch nicht viele Ausblicke. Der weiß-rote Weg ab der Hütte ist zwar länger, als Kammweg bietet es tadellose Ausblicke. Spätestens an der Ravnets-Hütte ist der Abstieg nur noch Pflichtprogramm. Wandern im 550 km langen Balkangebirge (Stara Platina) können wir euch aufgrund der Wasserfälle, Schluchten etc. aber wärmstens empfehlen. Es gibt jedoch harte Wetterwechsel, also stets den Wetterbericht checken, bevor es los geht. Hütten stehen meist im Abstand von etwa 1 h Gehzeit, das ist sehr komfortabel, die Hütten sind aber eher basic. Das Wegenetz ist gut verstrickt und mit Zeichen und Schildern ausgewiesen, ab und zu bedarf es etwas Sucherei.
Nach einer Rast fuhren wir noch in die Stadt Karlovo, denn bereits gestern sahen wir, dass im Zentrum ein Fest mit Ständen aufgebaut wurde. So mischten wir uns unauffällig, wie es eben mit deutscher Wanderkleidung geht unters Volk. Sie feierten das Rosenfest. In der Region, in der wir uns gerade befinden, sieht man entlang der Straßen viele Heckenrosenfelder. Aus den Blüten entstehen Cremes, Parfüms, Saft oder Gummibärchen. Diese Gummibärchen sind sehr traditionell.
Für den Stellplatz hatten wir wieder einen Stausee ausfindig gemacht, doch die erste Zufahrt, die mit „easy access“ beschrieben war, ließ und nach 1 km stoppen. Es wären nur noch 250m gewesen, doch die Bodenwellen waren so extrem, dass ich nach leichtem Aufsetzen lieber wieder kehrt machte. Nach dem starken monsunartigen Regen von gestern, waren die Pfützen auf diesem Erd-Schotterweg auch wegbreit und tief. So quälten wir uns auf dem Weg wieder zurück und wählten einen anderen Platz auf der anderen Seeseite, aber auch dafür mussten einige Äste weichen oder beiseite gedrückt werden. Den griechischen Olivenhain und seine Folgen haben wir ja täglich vor Augen. Dafür stehen wir jetzt traumhaft am See.
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