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Zu steil, ich glaube, ich hasse dich – Dienten (AUT-4)

  • Autorenbild: Hardy
    Hardy
  • 9. Feb. 2022
  • 4 Min. Lesezeit

08.02.2022 – Ein Tag in grau, ein Tag in Wolken, ein ganzer Tag Schneefall. Ohnehin liegt der Schnee schon weit über der Straße und wird mit Radladern und LKWs aus dem Dorf transportiert und an Depotstellen aufgestapelt. Gestern kam noch einmal massig Schnee hinzu. Kein Tag, an dem es sich lohnt, die Tourenski anzuschnallen und auf die Berge zu rennen. Eher wäre es durch wenig Sicht gefährlich. Ein perfekter Tag für Organisationen, Daten zu sortieren usw. Ein Dorfrundgang mit unserer neu angekommenen Mitbewohnerin Sarah durfte natürlich auch nicht fehlen, für uns die Chance mal zu schauen, was sich in dem Jahr verändert hat.

Bei blauerem Himmel und durchscheinender Sonne hieß es, die gestern Abend präparierten Tourenski zu schnappen, das Auto aus der Tiefgarage zu holen und ab nach St. Johann. Die Straße durch den Neuschnee deutlich langsamer und rutschiger, musste man beim Bremsen durchaus aufpassen, nicht im Vordermann zu landen. In St. Johann wartete schon Andi auf uns und zu unser aller Überraschung war auch Gerhard heute dabei, mit dem wir im letzten Jahr auch schon die ein oder andere Tour gegangen sind. Der Schnellstraße folgend Richtung Zell am See, Abbiegung nach Dienten am Hochkönig. Heute sollte es eine Tour werden, die wir schon letztes Jahr im Kopf hatten.

Eine frisch geräumte Straße, was hier eine glatte Schneepiste ist, doch die Schneeketten mussten nicht an die Reifen, Schwung half 😊. Die ersten am Parkplatz, was für Andi einiges an Arbeit beim Spuren bedeutete. Man spricht vom Spuren, wenn noch keine Tourengeher vor einem gelaufen sind und somit keine Spur zum Verfolgen da ist. Ein großer Schritt über die Kante der Straßenschneefräse und rein in die Tour. Die Blasen hatten gestern einen „Erholungstag“ jedenfalls vom Skischuh, heute mussten die Blasenpflaster „Extreme“ zeigen, ob sie ihr Geld wert waren. Leicht ansteigend zu Beginn, sah man von den ganzen Hütten nur noch die Dächer und einen Teil des Giebels, es hatte ordentlich geschneit und der Ski sackte bis zu 30 cm in die Tiefe. Je mehr in der Spur gehen, desto fester und schneller wird eine Spur. Weiß man im Sommer die vielen Wanderschilder in den Alpen mit Zielen, Laufzeiten und Schwierigkeitsgrad sehr zu schätzen, waren sie heute auf Knöchelhöhe und nur mit einem tiefen Blick erkennbar.

Wie gut die Spur war, sah man an zwei Tourengehern, die aufschlossen und sich in die Gruppe drängten, für uns etwas unangenehm. Auch der Kommentar „ihr seid wohl keine richtigen Tourengeher“ machte sie uns nicht sympathischer. Für uns haben wir mit Andi den besten Guide dabei, der in der Region groß geworden ist, gefühlt jeden Baum zu kennen scheint und Situationen richtig einschätzt. Bei Lawinenwarnstufe 3 ist die Gefahr relativ hoch und so muss man Hänge, Wechten und Neuschnee richtig einschätzen, um möglichst sicher zu gehen. An einem Hang ging es nur mit ordentlichem Abstand vorbei, so reduziert sich einerseits die punktuelle Belastung. Sollte doch eine Lawine abgehen, trifft es andererseits nicht alle, so dass sie mit dem Suchen und Bergen beginnen können. Beim Tourengehen trägt jeder ein Ortungsgerät am Körper, mit dem man ihn orten oder andere suchen und ausgraben kann. Eine Schaufel und eine 3m-Sonde (Stab) sind ebenso Teil der Ausrüstung. Beim Tourengehen kann immer etwas passieren, geht man aus der Haustür natürlich auch.

Wie gut unsere Spur war, erfuhren die beiden beim eigenen Spuren, schnell waren wir wieder dran und vorbei, aber auch hier mussten sie sich wieder hineindrängeln. Dann kam der Moment, als ich Andi anfing zu „hassen“. Steil berghoch auf einem schmalen Kamm. Kehre links, den Abgrund rechts voll im Blick, Kehre rechts, der linke Ski einen halben Meter schneelos und das auf der Wechtenkante. Da soll ich runter, ach Quatsch, was soll das? Wann gehen wir einfach mal wieder eine Tour, die nicht schwarz ist? Aber da standen wir wieder mal auf einem der Salzburger Gipfel – dem Klingspitz mit 1988 m eines der beliebten Ziele sowohl im Sommer als auch im Winter in der Region Hochkönig. Nach dem Abfellen, Umziehen und Wiedereinstieg ging es auf der anderen Seite der Wechte im Tiefschnee hinab. Zum Glück nicht den schmalen Kamm und schon waren wir wieder Freunde. Schade ist nach dem langen Aufstieg von 1082 hm stets die kurzzeitige Abfahrt. Doch heute konnten wir fast überall auf den Hängen jeweils unsere eigenen Spuren hinterlassen.

Zurück daheim einen Leckerbissen im Ofen, selbstgemachte Kaspressknödel und die Energiereserven gefüllt für einen Spaziergang auf einem Winterwanderweg entlang der Enns. Für uns ein bekannter Weg und bei Sonne wohl einer der schönsten Nachmittagsweg. Hinein ins Nachbardorf Radstadt, hier steht direkt auf dem Dorfplatz eine Bücherzelle und da konnten unsere ausgelesenen Bücher hinein und neue ins Gepäck. Eine wirklich gute Sache.

Nach einer gemeinsam gekochten Käsesuppe ging es zu einem weiteren großen Spaß. Jeder unserer Wintergäste musste in den 3 Jahren mitmachen. Fast alle wollten unterwegs kneifen und umdrehen, doch niemand bereute es hinterher, auch wenn manche es nur im Sicherheitsmodus und viel Bremserei genossen. 2,5 km bergauf, etwa 250 hm und dabei einen richtigen Holzschlitten ziehend, keine einfache Sache, doch die Abfahrt ist ein wahrer Genuss. Bei dem heutigen Neuschnee und einer frisch abgezogenen Rodelbahn griffen die Kufen richtig, beim Einlenken schleuderte das Heck herum und wie immer hatten wir so viel Spaß, dass wir am liebsten gleich noch einmal gefahren wären, wäre nicht der mühsame Aufstieg.

Mal sehen, was uns dann morgen in unserer alten Heimat Neues erwartet. Für uns ist es auch jedes Mal eine Überraschung, sind wir es doch seit einem Jahr nicht gewohnt, einen anderen für uns planen zu lassen. 😊

 


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Unsere 4 Augen - HS Life on Road

Das sind wir, Hardy und Sarah. Wir waren mit unserem Citroen Jumper "Polwan" ein Jahr auf Tour und haben dabei viel erleben dürfen. Schaut doch einfach selbst, was alles geschah.

 

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