Über 400 km und extremer Hunger – Höfn (ISL-11)
- Hardy
- 28. Mai 2022
- 4 Min. Lesezeit
Blog 11: 24. Juli 2018 - Nach einer wirklich ruhigen Nacht begann der Tag mit Frühstückbrei, Brot, Erdnussbutter, Marmelade, Nutella und Kaffee. Netterweise fanden wir fast alles davon in der „for free-Box“ am Campingplatz in Reykjavik. Das tägliche Abbauen und Einräumen der Campingaus-rüstung war mittlerweile Routine, wobei das Auto uns die Möglichkeit gab, nicht alles platzsparend und zusammengerollt im Rucksack verstauen zu müssen. Zelt, Isomatten und Schlafsäcke bekamen ihren festen Platz. Als zu viel Kleidung hatten wir ja nicht mit. Wir hingen das Zelt noch zum Auslüften und Trocknen auf.
Es ging auf eine Wanderung direkt vom Zeltplatz zum Svartifoss und danach zu einer Gletscherzunge und dem Gletschersee vom Vatnajökull. Er bildet Europas größten Gletscher, der 8 % der Landfläche von Island bedeckt. Eine beeindruckende Szenerie, das Knirschen und Knacken des Gletschers zu sehen, wie die abgebrochenen Eisbrocken im Wasser schwimmen. Es ist wirklich bedauerlich, wenn man bedenkt, dass die Größe der Gletscher jeden Tag abnimmt, bis sie gar nicht mehr da sind. Das Infocenter im Resort zeigte anschaulich, wie sich die Gletscher in den letzten Jahren entwickelten, wie mächtig und riesig sie einmal waren, gar ganze Täler ausschürften, die jetzt als Schluchten zurückbleiben. Auch hier waren wieder viele Touris, die wie Ameisenvölker aus den Reisebussen strömten.
Nach einer letzten Dusche machten wir uns auf den Weg nach Jökullsalon, dem See der Eisberge. Übersetzt heißt Jökull - Gletscher und Salon - See. Sehr beeindruckend schwimmen hier riesige Eis-berge des Vatnajökull in verschiedenen Farben. Man hört förmlich, wie die Tautropfen ins Wasser eintauchen, die Eisberge von der einstrahlenden Sonnenwärme Geräusche von sich geben. Wenn man Glück hat, drehen sich die Giganten sogar. Je nach den Gezeiten schwimmen sie raus auf´s Meer oder werden wieder hineingetrieben. Ein sehr beindruckendes Naturszenario. Einiges Eisberge werden auch am Strand angespült. Alleine das Eis am Strand in die Hand zu nehmen und zu wissen, was hier zwischen den Fingern zerläuft, war mehrere Mio. Jahre alt … Die Robben treiben ein Schauspiel und scheinen die Aufmerksamkeit der Menschen am Rande zu genießen. Man kann Bootstouren auf dem See buchen, dennoch sollte man sich immer bewusst sein: das, was hier schmilzt, kommt wohl nie wieder und ist somit vergängliche Natur.
Das Wetter war bombastisch und hier genossen wir so richtig bewusst unsere Eindrücke der letzten Tage, die Einzigartigkeit der Landschaft, die Sonne, dass Eisberge an die schwarze Küste (Sand) gespült wurden und wir die Chance haben, all das sehen und erleben zu können. Danach fuhren wir weiter nach Höfn, ein Fischerdorf, welches so langsam den Übergang von Süd- in Ostküste einläutete. Ein schneller Halt beim Netto (isländ. Discounter) für einen Mittagssnack. Wir besuchten das Heimat- und Fischermuseum (kostenfrei) in der Touriinfo und liefen entlang des Hafens auf dem Planetenweg. Das Wetter war beständig super. Nach dem gestrigen Regentag konnten wir die Sonne so richtig in den Körper kommen lassen. Man muss sich bei einem Islandtrip immer bewusst sein, dass der Sommer hier auch nicht unbedingt für gutes Wetter und Wärme steht. Doch man kann der mitteleuropäischen Hitze sehr gut entfliehen 😊. Nach Höfn folgte ein kurzer Fotostopp an der Hochstraße mit den ersten Fjorden vor uns.
Eine kleine Enttäuschung brachte uns ein anhaltender Touristenbus, bei dem wir auch extra anhielten. Bei Individualreisen, so wie wir sie auf Island durchführen, ist man meist gut beraten, den braunen Sightseeing-Schildern zu folgen oder sich an Bussen oder Menschenansammlungen zu orientieren. Sie deuten meist auf Viewpoints hin. Das individuelle ermöglicht aber auch, das Land, die Landschaft und Punkte für sich persönlich kennenzulernen, die andere vielleicht gar nicht wahrnehmen. Weiter ging es nach Egilsstadir, wir quälten das Auto über eine Gravelroad mit 17 % Steigung, das Auto mussten wir unbedingt in Bewegung halten, stehen bleiben war verboten, dann wäre alles vorbei. Wir hätten den Berg fast komplett neu anfahren müssen. Unser Racer „Rudi“ hat es teilweise bis in den 1. Gang geschafft. Durch den Oxipass sparten wir etwa 60 km. Für uns und das Auto war es bei den noch feuchten, teils ausgefahrenen GravelRoads eine ganz schöne Quälerei. Der Sturm und die Wolken taten ihr übriges. Beim nächsten Mal müssten wir überlegen, nicht vielleicht doch den Fjord richtig auszufahren.
Die lange Fahrt zehrte nicht nur an den Nerven, sondern auch am Mageninhalt. Durch das späte Untergehen der Sonne muss man echt auf die Uhr schauen, um das Essen nicht zu vergessen. Und wir wissen mit Hunger im Bauch werden so manch nette Menschen zum Tier. In Egilsstadir gab es dann direkt im Lagerflol Nudeln mit Tomatensoße vom Campingkocher inklusive Sitzsteine im Wasser und einem Sonnenabtauchen hinter den Bergen. Wir hatten eine Traumlocation zum Kochen gefunden, da schmeckte das Essen noch viel besser. Es durfte eben nur nichts von unseren schmalen Steinen ins Wasser fallen, jegliches wäre für immer verloren gewesen.
Weiter hieß es dann bis nach Vopnafjördur über den höchsten Pass Islands, immerhin bei etwa 650 hm. Die Sicht wollte nicht wie wir. Die Einfahrt in den Pass erfolgte unter den grauen Nebelwolken, dann ging es in die Wolken, die Sichtweite reduzierte sich immer mehr, die Kondenztropfen vermehrten sich auf der Scheibe. In den Innenkurven hatten sich Gravelrippen gebildet, bei denen das unbelastete Innenrad unserer „Spalttabletten“ ab und an durchdrehte. Auch hier hieß es, nur nicht stehenbleiben und ganz vorsichtig mit dem Gaspedal spielen. Aber immerhin schafften wir es fast über die Wolken, man konnte das Himmelsblau schon erkennen. Natürlich hatten wir auch hier nicht weniger als 80 km Gravelroad mit bis zu 14 % Steigung hinter uns. In Vopnafjördur wollten wir noch in das frei zugängliche Thermalbad, welches der Reiseführer von Marc Polo anpries, allerdings haben sich die Öffnungszeiten von 7 - 23 Uhr auf 10 - 22 Uhr geändert. So war es also geschlossen. Es ist schon irgendwie komisch, wenn die Sonne untergeht, es aber trotzdem noch ewig hell bleibt.
Im Gedanken, dass es zum Schwimmbad gehören könnte, befuhren wir das Gelände eines nahe-liegenden exklusiven Hauses und fragten, wann das Bad öffnen würde. Das konnte man uns nicht beantworten, allerdings sagte man uns, dass wir in einer Privat Lodge ständen und hier keinen Zutritt hätten, nach uns wurde die Eingangstür auch schnell verriegelt 😊. Unsere Idee, am Leuchtturm des nächsten Ortes zu schlafen, verhinderten einige Zäune, so dass wir gegen 23 Uhr den örtlichen Campingplatz (1300 ISK p.P. - 10 €) aufsuchten, das Zelt aufbauten und den Schlaf genossen.
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