Überhitzung im System – Dedoplistskaro (GEO-26)
- Hardy
- 13. Aug. 2021
- 4 Min. Lesezeit
11.08.2021 – Schmatz, schmatz, schmatz, so ähnlich wie bei Hänsel und Gretel erging es uns heute Morgen, doch nicht die zwei Kinder aus der Feder der Gebrüder Grimm waren es, sondern zwei Kühe, die sich an den Schalen unserer gestrigen Melonenparty labten. Standen sie doch direkt vor der offenen Schiebetüren, nur der Gruß zum Morgen mit hineinschauendem Kopf und ein frisches Glas Milch fehlten. So leicht ließen sie sich auch nicht verscheuchen, war doch die eine Kuh sogar ein Bulle. Das Drohen mit dem Besen reichte dann aber. Auch beim Frühstück gesellten sich die Gehörnten um uns herum. Dazu kamen dann noch Schafe und Ziegen von oben, die Ranger ritten auf Pferden in ihr Revier und als dann noch die dicke Sau nur 5 m entfernt an uns vorbeilief, waren unsere Ferien auf dem Bauernhof perfekt. Etwas arm dran, war die Sau schon, denn zwei Hunde jagten sie später förmlich durch die Gegend, sie hatten es auf den Ringelschwanz abgesehen. Ein Biss hinein ließ das Schwein bitterlich quieken. Nach dem morgendlichen Bad im Gebirgsfluss und einer Bastelaktion an der Hecktür (dazu in einem späteren Blog mehr) ging es wieder los.
Heute wollten wir dem Geheimtipp des Deutschen mit georgischer Frau folgen. Hierfür war die vorherige Anmeldung in einem Visitor Center erforderlich. Gestartet waren wir noch im satten Grün, überall um uns herum standen Bäume, Büsche, Wiesen und bunte Blumenstauden. Es wurde mit der Fahrt gen Südwesten Georgiens in der Region Kachetien immer karger. Viele sagten uns, dass es hier sehr guten Wein gibt, das haben wir ausprobiert und können es bestätigen. Der Wein wird hier in Tonkrügen gelagert, die in der Erde eingegraben sind. Deshalb sieht man auch viele Weinfelder. Aber auch die nahmen ab, die Laubbäume wandelten sich zu Nadelbäumen, der Boden ist meist nur mit Wiese bedeckt, prinzipiell hat alles Stacheln. Eine neue Landschaft für uns.
Zurück zum Visitor Center, hier trafen wir auf andere Traveler, die auch unseren Plan hatten. Man musste sich hier in Dedopliszkaro also registrieren, erhielt eine Karte möglicher Wege und darauf den Hinweis 4x4 (Offroad). Na herrlich, klar stehen wir oft offroad, fahren über Wege, die ich mit meinem PKW meiden würde, aber nicht über viele Kilometer. So mussten wir unseren Besuch im Nationalpark Vashlovani begraben. Man bot uns an, mit dem Camper bis zur Rangerstation zu fahren und von dort eine geführte Tour mit Rangern zu machen, doch das wollten wir nicht. Fast ergab sich noch durch Zufall eine andere Option. Ein deutsches Pärchen war im Urlaub und hatte sich für Georgien einen Jeep geliehen. Warum sollten sie uns nicht einfach mitnehmen, wir hatten sie fast soweit, es scheiterte nur daran, dass sie keine 15 min warten wollten, bis wir unsere 7 Sachen für eine Übernachtung und ein paar Wandersachen gepackt hätten. Darüber waren wir echt geknickt, es wäre so leicht gewesen und wir hätten es wahrscheinlich auch gemacht. Vom Visitor Center sind es nochmals 50 km bis zum Nationalpark, man sollte unbedingt wissen, dass ohne Registrierung kein Einlass erfolgt. Der Park soll mit seiner bizarren Landschaft sehr interessant sein.
So schauten wir uns nach einer anderen Aktivität um. Eine Wanderung führte zur Burg Khornabuji und zu einer Schlucht. Wir fanden auch eine ausgeschriebene MTB-Tour mit den gleichen Zielen. Da war die Entscheidung doch ganz einfach. Schnell erreichten wir die ersten Ziele, ein Aussichtspunkt mit Ruine und das alte Fortress von Königin Tamara, welches hoch oben auf einem Massiv steht. Bergab ging es durch ausgewaschene Rinnen und ausgefahrene Wege. Das MTB-Herz tanzte, mehr brauchten wir eigentlich nicht, bis zu diesem Zeitpunkt. Wir bogen auf einen Erdpfad ab, der immer schmaler und bewachsener wurde, in den Navi-Systemen immerhin als weiße Straße gekennzeichnet. Der Bewuchs trug ausreichend Dornen, um uns mit blutigen Ratschern an Armen und Beinen zu versehen. Irgendwann war nur noch geducktes Kriechen möglich. Na fein, so stellten wir uns das nicht vor. Dann kam, was kommen musste, 2,3 Zoll Auflagebreite wurde immer mehr und da Rad wabbeliger. Mal wieder ein Platten, wahrscheinlich sehen wir deshalb niemanden Radfahren. Im Hinterrad hatten sich 6 Dornen/Stacheln eingedrückt, vorne etwa genau so viele. Zum Glück hatte sich je nur einer durchgebohrt. Flicken bei praller Sonne, des Thermometer grenzte wieder an die 60 Grad heran, nicht umsonst wird diese Region als die heißeste Georgiens bezeichnet. Sarah hatte mehr Glück, alle Stachel waren herausziehbar, ohne dass es zischte. So viele Flicken hätten wir auch gar nicht dabei gehabt 😊
Wir drehten um, wussten den Stachelweg zu umfahren, doch waren mit dem Wasser nur noch sehr knapp, 200 ml als äußerste Reserve waren noch für 650 hm übrig, bei 37 Grad im Schatten doch durchaus reichlich. In einem ausgestorbenen Dorf fanden wir noch Wasser, am Berg mussten Brombeeren herhalten. Worauf freut man sich bei solcher Tour? Klar, auf die kalte Melone aus dem Kühlschrank, als Reserve kauften wir gleich noch eine neue 8 kg-Bombe.
Zum Stellplatz ging es an einen rosanen Salzsee, alles was die Hitze über gelassen hat, ist das rosane Salz und eine Kuhle … dafür stehen wir idyllisch, gerade kommt die dritte Kuhherde vorbei, die uns draußen sitzend förmlich umzingeln. Könntet ihr euch das in Deutschland vorstellen? Ihr sitzt im Klappstuhl und vor, hinter, neben euch laufen die Kühe entlang? Auch das sind alles Momente, die wir von unserer Reise mitnehmen und darüber immer wieder lachen. Zitat: „ich glaube, ich muss rein, die kommen jetzt echt nah.“ „Nein, gib mir nur die Melone rein, du musst sie abwehren.“
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